Prognosen für die Entwicklung der Weltwirtschaft seien derzeit noch schwieriger als sonst, erklärte der Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes, Helmut Kramer, gestern zu Beginn seiner Ausführungen zur Konjunkturprognose. Die Risikofaktoren Ölpreis- und Dollarkurs-Entwicklung - die schon dieses Jahr das Wirtschaftswachstum gebremst haben - werden also auch das nächste Jahr wesentlich bestimmen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Bremswirkung von hohem Ölpreis und schwachem US-Dollar hat sich auch in den Wirschaftsprognosen für Östereich niedergeschlagen: Für die nächsten beiden Jahre haben sowohl das Wifo als auch das Institut für Höhere Studien (IHS) ihre Prognosen nach unten revidiert: Nach 1,9% (IHS 2%) heuer, werden für das Jahr 2005 nur 2,2% (IHS 2,3%) statt wie bisher angenommen 2,5% Wachstum des Bruttoinlandsproduktes erwartet.
"Den Wechselkurs haben wir nicht richtig prognostiziert", erklärte der Chef des IHS, Bernhard Felderer, einen der Gründe für die Senkung der Prognosewerte. Für nächstes Jahr rechnet das IHS mit einem durchschnittlichen Dollar-Euro-Kurs von 1,31 USD. Sollte der Dollar bei 1,40 liegen, würde das um 3 Zehntel Punkte weniger Wachstum bedeuten - also für 2005 statt 2,3 nur 2%. Den künftigen Ölpreis sieht das IHS bei 40 US-Dollar.
Das Wifo geht bei seinen Berechnungen von der Grundlage aus, dass der Euro zum Dollar zumindest nicht weiter steigen wird und dass sich die Ölmärkte wieder beruhigen werden. Das Institut kalkuliert mit einem Ölpreis von 42 USD je Barrel im Jahr 2005.
Wifo und IHS sind zuversichtlich, dass die USA die Ursache für den schwachen Dollar - ihr hohes Leistungsbilanzdefizit - in den Griff bekommen werden. Der US-Dollar verliert seit Ende 2001 gegenüber den anderen wichtigen Ha‹ndelswährung, wie dem Euro, an Wert
Jetzt wird es endgültig Zeit für Investitionen
Die Wirtschaft in Österreich sei in einem schwierigen Umfeld gut unterwegs, so das Resümee der beiden Wirtschaftsforschungsinstitute. Alle anderen Länder würden im Vergleich zu Europa zwar schneller wachsen (USA, Asien), aber Europa befinde sich eben in schlechter Verfassung, sagte Felderer. Insbesondere im Globalisierungbereich gebe es Anpassungsbedarf, stellte Kramer fest.
Von einem "Konjunktur-Aufschwung" wollte allerdings niemand sprechen. Dazu müsste zumindest "ein Dreier vor dem Komma stehen", erklärte Wifo-Experte Ewald Walterskirchen auf Anfrage. Zudem blieben eben die genannten Risikofaktoren, die einen deutlichen Rückschlag der Weltkonjunktur bringen könnten, betonte Kramer.
Mehr Bewegung sollte jedenfalls in die Investitionstätigkeit der Unternehmen kommen: "In den vergangenen Jahren wurde wenig investiert und gut verdient", beschrieb Kramer die Situation der österreichischen Unternehmen. Felderer sprach von "Rekordgewinnen der Unternehmer".
Die Inflationsrate, die in diesem Jahr auf 2% gestiegen ist, werde wieder sinken, sind sich die Wirtschaftsforscher einig. Unter der Annahme, dass sich die Energiepreise wieder stabilisieren, sollte die Teuerungsrate spätestens 2006 auf 1,7% zurück gehen.
Budget: Für Null-Defizit 2008 ist Sparprogramm nötig
Um wie von Finanzminister Karl-Heinz Grasser geplant im Jahr 2008 ein Null-Defizit zu erreichen, hält Kramer weitere Budget-Sparpakete für nötig, sagte der langjährige Leiter des Wifo, der mit 1. Februar 2005 seine Funktion als neuer Rektor der Donau-Universität Krems antritt.
"Der Konsolidierungsbedarf ist beträchtlich", meinte auch Felderer. Das Ziel Grassers, das gesamtstaatliche Defizit von heuer 1,3% des BIP dann 2005 auf 1,9% und 2006 auf 1,7% zu senken, sei erreichbar, glaubt der IHS-Chef im Gegensatz zum Wifo, das ein Minus von 2,0% bzw. 1,8% erwartet. Allerdings sei das Ziel von 1,7% für das übernächste Jahr "nicht besonders ehrgeizig", meinte Felderer. Hauptursache für das gestiegene Defizit seien die Mindereinnahmen an Mehrwert- sowie Einkommen- und Körperschaftsteuer wegen der Investitionszuwachsprämie, argumentiert das Wifo. Die zweite Etappe der Steuerreform werde das Defizit nächstes Jahr auf etwa 2% des BIP steigen lassen. Durch Einmalmaßnahmen könne es aber unter diese Marke gedrückt werden.
*
Deutschland
Nach den führenden Wirtschaftsforschungsinstituten in Deutschland hat auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) seine Konjunkturprognose für das kommende Jahr deutlich abgesenkt. Die frühere Prognose von 2% Wachstum sei auf 1,5% nach unten korrigiert worden, sagte BDI-Volkswirt Reinhard Kudiß gegenüber der "Berliner Zeitung" (Mittwoch-Ausgabe).
Kudiß warnte zugleich davor, den Aufschwung gänzlich abzuschreiben: "Die Konjunktur bricht nicht weg." Deutschland könne von der robusten Weltwirtschaft profitieren. Das Exportwachstum werde sich zwar leicht abschwächen, doch werde es im Inland voraussichtlich mehr Investitionen geben.