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Sollen wir Verbrennungsmotoren verbieten?

Von Monika Köppl-Turyna

Gastkommentare
Monika Köppl-Turyna ist Ökonomin und Direktorin des Forschungsinstituts Eco Austria.

Insgesamt spricht vieles für weiterhin möglichst breite Möglichkeiten der Entwicklung.


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Am Mittwoch fand der von Kanzler Karl Nehammer einberufene Autogipfel statt, der zu einer recht lebhaften öffentlichen Diskussion führte. Die Befürworter eines Verbots von Verbrennungsmotoren berufen sich meist auf die sogenannte "technische Effizienz". Darunter versteht man den Zustand, in dem eine gegebene Output-Menge mit minimalem Faktoreinsatz, also ohne Faktorverschwendung, produziert wird. Und in der Tat ist die Verwendung von E-Fuels nach heutigem Stand der Technik im Vergleich zu Elektroautos technisch ineffizient. Mit dem gleichen Energieeinsatz ist die Anzahl zurücklegbarer Kilometer deutlich geringer. Die technische Effizienz ist aber nicht das einzig relevante Kriterium.

Denn es gibt auch die "allokative Effizienz", die erreicht wird, wenn die Ressourcen, die für die Produktion einer Reihe von Gütern oder Dienstleistungen eingesetzt werden, den am höchsten bewerteten Verwendungen zugeführt werden beziehungsweise im Verhältnis zu den Kosten den größten Nutzen bringen. Nehmen wir ein Beispiel: Wenn wir uns bei der Ernährung nur an der technischen Effizienz orientieren würden, müssten wir uns fragen, wie wir mit möglichst wenig Aufwand rund 2.000 kcal pro Tag in jeden Menschen hineinbekommen. Würden wir einen Ernährungstechniker damit beauftragen, würde er uns vorrechnen, dass das am besten geht, wenn jeder von uns jeden Tag einen standardisierten Eiweißdrink zu sich nimmt. So funktioniert das natürlich nicht. Wir haben verschiedene Geschmäcker, die sich in unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften ausdrücken. Und so kaufen einige Käse oder Früchte. Technisch ist das völlig ineffizient und der Wirkungsgrad katastrophal, ökonomisch aber durchaus effizient, denn wer einen hohen Preis zahlt, hat wahrscheinlich einen Konsumgenuss, der das für ihn rechtfertigt. Um bei den E-Fuels zu bleiben: Wer eine hohe Bereitschaft hat, künftig einen signifikant höheren Preis für Treibstoff zu zahlen, für den kann das unter Umständen ökonomisch sinnvoll sein.

Ökonomen weisen darauf hin, dass bei fehlender ökonomischer Effizienz Produkte von selbst vom Markt verschwinden, ohne sie verbieten zu müssen. Damit sind wir beim dritten Effizienzbegriff angelangt: der "dynamischen Effizienz". Sie garantiert, dass über die Zeit unverzerrte Anreize zur (Weiter-)Entwicklung von Gütern bestehen. Und dies wird oft am ehesten erreicht, wenn man verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten zulässt. Ein Verbot von Verbrennungsmotoren würde die Entwicklung von E-Fuels bremsen, indem es die künftige Nachfrage reduziert. Wegen des Einsatzes in der Produktion (zum Beispiel in der Industrie) könnten E-Fuels in der Zukunft technisch deutlich effizienter werden.

Ein Argument dafür, bestimmte Lösungen dennoch zu verbieten, ist das Argument der (politischen) Pfadabhängigkeiten. Auch wenn (allokativ) ineffiziente Produkte ohne externe Eingriffe vom Markt verschwinden würden, spielt häufig politischer Protektionismus eine Rolle, sodass auch ökonomisch ineffiziente Produkte zum Beispiel durch Förderungen dauerhaft am Markt verbleiben können. Dies kann unter Umständen schädlich sein, aber etwa mit breit greifendem CO2-Preis abgefedert werden. Insgesamt spricht also vieles dafür, weiterhin möglichst breite Entwicklungsmöglichkeiten zuzulassen.

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