)
Nach dem Journalistenkongress "Gen Summit 2017" sprach die "Wiener Zeitung" mit der Stadt Wien über die schwierige Beziehung zwischen den Medien und der Stadtverwaltung.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Mehr als 750 internationale Medienmacher diskutierten auf der "Gen Summit 2017" der Journalistenvereinigung "Global Editors Network" in der Aula der Wissenschaften nahe des Stubenrings über die Zukunft des Journalismus. Das Verhältnis zwischen der Stadt und den Medien wird oft kritisch beäugt, wie Florian Skrabal von der Investigativplattform "Dossier" erklärt. Neben Gefälligkeitsberichterstattung und Nahverhältnissen zu Parteien stellen laut Skrabal Inseratenschaltungen der öffentlichen Hand ein heißes Eisen in Diskussionen dar. Kritiker orten u.a. Verschwendung von Steuergeld.
2015 wurde das 52 Millionen Euro große Budget des Presse- und Informationsdiensts (PID) auf Betreiben der Grünen im Zuge der Koalitionsverhandlungen um ein Drittel gekürzt. PID-Chef Paul Weis betont in diesem Zusammenhang, dass laut Transparenzdatenbank die internen Abteilungen im Schnitt 20 Prozent weniger Mittel erhielten. "Vergleicht man 2016 und 2017, wird es sogar noch weniger", sagt er.
"Keine Inseratenvergabestelle"
Außerdem handle es sich beim Presse- und Informationsdienst nicht um eine "reine Inseratenvergabestelle", sagt Weis. "Wir arbeiten auch über eigene Medienkanäle und sind für Kampagnen."
Auch Finanzstadträtin Renate Brauner verteidigt grundsätzlich das Schalten von Werbung: "Die öffentliche Hand und ihre Unternehmen haben das Recht und auch die Verpflichtung, die Bevölkerung umfassend über Programme und wichtige Ereignisse, etwa bevorstehende Wahlen, zu informieren. Die Entscheidung, wann, wo und wie inseriert wird, ist dabei eine ausschließlich fachliche und muss klar nutzenorientiert und sachlich erfolgen", unterstreicht Brauner. Als Beispiel zieht sie etwa arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ihres Ressorts heran, für die eine zielgruppenspezifische Ansprache äußerst wichtig sei. "Es ist absurd, Kommunen wie Wien verbieten zu wollen, über ihre Dienstleistungen zu informieren", betont sie.
Weis schlägt in dieselbe Kerbe und betont die Wichtigkeit des zielgruppenspezifischen Medienmixes. Etwa bei einer Aufmerksamkeitskampagne zur Neuausstellung der elektronischen Pässe, müsse sich die Information an alle richten, meint er.
Für Skrabal geht das Argument des Informationsbedarfs aber am Kern der Problematik hoher Ausgaben vorbei. Nicht selten würde mehr Geld für die Bewerbung ausgegeben als für das Produkt selbst. Außerdem verfüge die Stadt über eigene Informationsmedien wie etwa ihre Homepage oder das Wien-Magazin, über die sie werben könne.
Darüber hinaus gebe es mittlerweile andere Wege, um zielgruppenspezifisch zu informieren: Die Stadt Hamburg setze beispielsweise verstärkt auf soziale Medien, anstatt Print-Inserate zu schalten. Weis hält dem wiederum entgegen, dass laut Reuters-Digital-News-Report Österreich und Schweiz Nachzügler beim digitalen Medienkonsum seien. "Printmedien sind immer noch das bevorzugte Informationsmedium. Dem muss man Rechnung tragen", sagt er.
Aber wie sieht es mit öffentlichen Unternehmen wie den Wiener Stadtwerken aus, die am Markt gegen die private Konkurrenz bestehen müssen? Laut Brauner sei Werbung hier völlig legitim - und auch für Skrabal stehe dieses Recht außer Frage. "Aber bereits 2007 hat der Rechnungshof kritisiert, dass die Stadtpolitik in Betriebe eingegriffen und Werbebudgets aus öffentlichen Unternehmen quasi für die Fütterung des Boulevards verwendet hat", gibt er zu bedenken. Dazu lautet die Antwort seitens der Stadt, dass es sich hier um keine Entscheidungen seitens der Politik handelt, sondern um jene der Unternehmen - eben weil sich Betriebe wie die Stadtwerke am freien Markt behaupten müssen.
Brauner betont, dass Stadt und Medien "weder Freunde noch Feinde" seien, sondern ein professionelles Verhältnis zueinander pflegen sollten. Einerseits brauche gute Politik eine faire und kritische Berichterstattung. Diese wiederum sei aber darauf angewiesen, dass ihr die öffentliche Seite auch alle nötigen Informationen zugänglich macht und die passenden Rahmenbedingungen schafft. Journalismus gehöre zur Infrastruktur einer Demokratie, so Brauner.
"Medien sind keine Semmeln"
Skrabal sieht dieses professionelle Verhältnis in Wien jedoch nicht gewahrt. Insbesondere betont er, dass die Stadt der Medienlandschaft schaden würde, indem sie "Unmengen Geld" in den Medienmarkt pumpe und Verzerrungen erzeuge. "Medien sind keine Semmeln, nicht einfach ein Produkt, das man verkauft. Geht es nur noch ums Geschäftemachen, hat das wenig mit Journalismus zu tun", sagt Skrabal.