)
Die Abschaffung der Zeitumstellung schien fixiert, kam aber nicht. Ein Volksbegehren bringt das Thema zurück.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Schon seit mehreren Jahren wird die Zeitumstellung jedes Halbjahr erneut diskutiert. Und das, obwohl die Abschaffung seit 2019 - mehr oder weniger - beschlossene Sache ist. Bis kommenden Montag gibt es für die österreichische Bevölkerung wieder eine Möglichkeit, dazu Stellung zu beziehen. Seit dieser Woche können insgesamt sieben Volksbegehren unterstützt werden, eines für die "Beibehaltung der Sommerzeit". Gefordert werden die Abschaffung der Zeitumstellung und die Beibehaltung der Sommerzeit als "Normalzeit". Ursprünglich galt die Winterzeit als "Normalzeit". Ab 1973 wurde in Europa nach und nach die Sommerzeit anlässlich der Ölkrise eingeführt.
Der Hintergrund: Mit der Zeitverschiebung sollte Energie gespart werden. Unternehmen und Haushalte sollten eine Stunde Tageslicht gewinnen. Doch der tatsächliche energetische Nutzen der Zeitumstellung ist umstritten. Verschiedene Erkenntnisse aus unterschiedlichen Regionen der Welt kommen zu jeweils anderen Ergebnissen. Die Bevölkerung würde im Sommer wegen der Zeitumstellung abends zwar seltener das Licht anschalten, im Frühling und Herbst in der Früh allerdings mehr heizen. Eine rezente Studie aus der Schweiz, bei der Gebäude in den USA untersucht wurden, erkannte Potenzial bei Klimaanlagen. Bei Büros werden diese eine Stunde früher abgeschaltet und da im Sommer mehr gekühlt als geheizt wird, wirkte sich die Zeitumstellung insgesamt positiv auf die Energiebilanz der Gebäude aus.
Umstritten ist auch die Frage der gesundheitlichen Folgen für Mensch und Tier. Schlafforscherinnen, Psychologen und Medizinerinnen sind sich nicht einig, ob und in welchem Ausmaß die Zeitumstellung die Menschen aus dem Takt bringt. Oder ob sie gar keinen Mini-Jetlag mit sich bringt. Auch die Politik ist sich uneins in der Frage.
Die EU-Kommission hat zu den Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit durch die Zeitumstellung ebenfalls keine Antwort gefunden. Kritiker äußern zudem auf wirtschaftlicher Ebene, etwa für Landwirte, Bedenken. So würden Kühe die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit und umgekehrt spüren. Würden die Tiere nicht exakt zur selben Zeit gefüttert oder gemolken, könne das den Wiederkäuern schaden.
In Österreich seit 1980
Frankreich war das erste Land, das 1973 die Sommerzeit einführte - und wo auch schon wenige Jahre später dagegen protestiert wurde. Eine Umfrage Mitte der 1990er Jahre zeigte dann, dass bereits zwei Drittel der französischen Bevölkerung für die Abschaffung der Sommerzeit waren. In Österreich erfolgte die erstmalige Umsetzung des Sommer-Winter-Zeitwechsels im Jahr 1980. Ein Jahr darauf wurde die Sommerzeit auf EU-Ebene geregelt.
Lange Zeit war es in Österreich um das Thema ruhig, doch seit einigen Jahren zeigen Umfragen, dass die Menschen die Zeitumstellung zweimal im Jahr eher nicht befürworten, ähnlich in anderen EU-Staaten.
Seit 2015 hat das Europäische Parlament immer wieder eine wissenschaftliche Überprüfung der Zeitumstellung von der EU-Kommission gefordert. Diese lancierte 2018 dann eine europaweite Befragung dazu. Mehr als 4,6 Millionen Menschen nahmen online daran teil. Rund 80 Prozent waren für ein Ende der Zeitumstellung und die Beibehaltung der Sommerzeit als "Normalzeit". Obwohl nur nicht einmal ein Prozent EU-weit teilgenommen hatte, schlug die Kommission die Abschaffung vor. Das EU-Parlament stimmte dem zu.
Der Vorschlag beinhaltete, dass die Mitgliedstaaten jeweils selbständig entscheiden sollten, ob sie dauerhaft entweder die Winter- oder Sommerzeit beibehalten möchten. Wenig überraschend führte dieser Plan zu Konfusion und es wuchs die Sorge vor einem zeitlichen Fleckerlteppich.
In Österreich nahm sich die türkis-blaue Bundesregierung des Themas an, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) sprach sich damals für die dauerhafte Sommerzeit aus. Dazu kam es aber nie. Denn die Ibiza-Affäre im Mai 2019 führte zum Koalitionsende. Seither ist das Aus der Zeitumstellung auf der Liste der Prioritäten weit nach unten gerutscht, in Österreich wie auf EU-Ebene. Vor rund einem Jahr wurde die derzeitige Regelung von der Bundesregierung per Verordnung bis 2026 verlängert. Das zuständige Wirtschaftsministerium verweist auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" auf Brüssel. "Inwiefern die Thematik auf EU-Ebene neuerlich im Rahmen einer Ratspräsidentschaft aufgegriffen wird, ist derzeit nicht absehbar."