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Sommerliche Turbulenzen im Flugverkehr

Von Monika Jonasch

Wirtschaft

Passagiere warten stundenlang, Flüge werden gestrichen - und wie es diesbezüglich in Österreich aussieht.


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Stellen Sie sich vor, es ist Hauptreisezeit, alle wollen wegfliegen und plötzlich fallen Flüge aus. Gepäck wird nicht abgefertigt. Es bilden sich lange Schlangen vor den Check-in-Schaltern - nichts geht mehr.

Dies ist zuletzt, zum zweiten Mal in Folge an einem langen Wochenende, zu Pfingsten am Flughafen Schiphol in Amsterdam geschehen. Grund: Es mangelt an Personal für Check-in, Gepäckabfertigung und Sicherheitskontrollen. Zwei Jahre Pandemie haben Spuren hinterlassen, der Flughafen in Amsterdam sowie die niederländische Fluglinie KLM haben in der Corona-Krise viele Mitarbeiter verloren. Und sie sind nicht die Einzigen, die mit Personalknappheit kämpfen, auch Billigflieger Easyjet und der Tourismuskonzern TUI sind betroffen.

Kann so etwas auch bei uns passieren? Flughafen-Wien-Sprecher Peter Kleemann beruhigt auf Anfrage der "Wiener Zeitung": "Wir werden zwar sicherlich im Sommer ordentliche Passagierzuwächse verzeichnen, sind dann aber dennoch erst bei etwa 65 bis 70 Prozent des Passagieraufkommens des Vor-Corona-Jahres 2019. Personalseitig sind wir dafür gut aufgestellt und verfügen dank Kurzarbeit nach wie vor über etwa 80 Prozent des Bodenpersonals von vor der Krise."

Erst seit Anfang April ist der Flughafen Wien-Schwechat als Unternehmen komplett aus der Kurzarbeit zurückgekehrt. Personalreduktionen gab es in der Pandemie keine gezielten, erklärt Kleemann. Auf eigenen Wunsch und wegen Pensionierungen seien Mitarbeiter ausgeschieden, so mancher käme angesichts besserer Zeiten aber wieder zurück.

Auch bei der AUA betonte man auf Anfrage der "Wiener Zeitung": "Austrian Airlines hat im Frühling rund 150 Flugbegleiter eingestellt. Wir sind somit für die Sommersaison 2022 gut aufgestellt. Für einen reibungslosen Flugbetrieb ist das Zusammenspiel unserer Partner im In- und Ausland notwendig (etwa Flughäfen, Flugsicherung). Wir haben uns bestmöglich für den Hochsommer und die Feriensaison vorbereitet und sind vor allem mit den Partnern am Standort Wien in gutem Austausch."

Wer soll das bezahlen?

Wer zahlt eigentlich, wenn Passagiere in einer solchen Situation wie in Amsterdam ihren Flug verpassen? Ansprechpartner sei immer die Fluglinie, erläutert Kleemann. Gemäß der EU-Fahrgastrechte bezahlt sie auch die Kosten für den Ausfall. Ob sich die Airline dann wiederum mit Regressansprüchen an den Flughafen oder den Dienstleister für die Bodenabfertigung wendet, sei eine andere Frage. Auch die Bodenabfertigung - laut EU-Recht muss es da auf jedem europäischen Flughafen mindestens zwei Unternehmen geben, die das anbieten - wird von der Airline beauftragt. "Da gibt es einen harten Wettbewerb und viel Preisdruck", erzählt der Flughafen-Sprecher.

In Wien wickelt die Austrian Airlines mit eigenem Personal den Check-in ab und bietet das als Dienstleistung auch anderen Fluglinien an. Der Flughafen selbst sowie die Firma AAS offerieren das gleiche Service.

Für die Sicherheit wiederum hat der Flughafen Wien eine eigene Tochter gegründet, die Vienna International Airport Security Services. Zu dieser äußerte sich die Gewerkschaft Vida auf Anfrage der "Wiener Zeitung" allerdings kritisch: "Für Sicherheitskontrollen und Check-in am Flughafen Wien gab es vor der Pandemie mehr als 1.200 Mitarbeiter, aktuell sind es noch 920 Beschäftigte."

Zu wenige Fluglotsen

In ganz Europa würden Airports und Flugsicherungen warnen, dass es im Sommer zu gravierenden Verspätungen kommen könnte, da sie zu wenig Personal finden und ausbilden können, um den üblichen Luftverkehr in der Hauptreisezeit im Sommer abarbeiten zu können, so Vida.

"In Österreich ist die Personalsituation ebenso drastisch. Hier werden wir, wenn überhaupt, nur mit Ach und Krach über die Sommermonate kommen. Dass es hierzulande so vieles besser läuft, ist schlichtweg falsch. Es wäre ein völliger Unfug zu glauben, dass die Manager in Österreich klügere Entscheidungen getroffen hätten", meinte Daniel Liebhart, Vorsitzender des Fachbereichs Luftfahrt, in der Gewerkschaft.

Nicht nur bei Bodendiensten auf den Flughäfen, sondern besonders bei den Lotsen von Austro Control herrsche Personalmangel, warnt man vonseiten Vidas. "Es braucht daher jetzt gute Löhne und Arbeitsbedingungen, um das bestehende Personal zu halten und neues anwerben und ausbilden zu können", so Gewerkschafter Liebhart. Am Donnerstag vor dem Pfingstwochenende hatte es jedenfalls bei Austrian Airlines Betriebsversammlungen gegeben. Sie führten dazu, dass 52 Flüge ausfielen. Betroffen waren etwa 5.200 Passagiere.