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Schnellverfahren wie für Althaus sind in Praxis nicht üblich. | Geständnis des Beschuldigten und alle Beweismittel sind erforderlich. | Die Versuche, das Blitz-Urteil im Fall des deutschen Landespolitikers Dieter Althaus als eine Art Sternstunde der besonders rasch arbeitenden österreichischen Strafjustiz darzustellen, wirken wenig überzeugend. Schon einen Tag nach der Anklageerhebung hatte die Verhandlung über die fahrlässige Tötung einer Slowakin durch den Ministerpräsidenten stattgefunden, in der sogleich auch das Urteil ergangen war.
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Können es sich wichtige Persönlichkeiten mit der Justiz so einfach richten? Bekommen sie auf Anfrage Verhandlungstermine, während andere Menschen Monate warten müssen?
Gesetzwidrig hat der eilige Richter wohl nicht gehandelt. Gesetzlich ist tatsächlich vorgesehen, dass der Richter die Hauptverhandlung mit Zustimmung des Beschuldigten "sogleich" durchführen kann, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Tat gesteht und alle Beweismittel zur Hand sind. Im konkreten Fall ist der Politiker aus Thüringen jedoch nicht einmal förmlich einvernommen worden. Er hatte auch glaubhaft versichert, sich an den Unfall gar nicht erinnern zu können.
Zwar hat er schriftlich die Schuld auf sich genommen, sein deutscher Verteidiger hat diese Erklärung aber gleich wieder abgeschwächt. Hier von einem "Geständnis" zu sprechen, mag etwas kühn erscheinen.
Allerdings hat der Rechtsanwalt und Vertreter des Ministerpräsidenten den Sachverhalt zugegeben und demnach "gestanden". Das ist grundsätzlich zulässig. Denn bei einem bezirksgerichtlichen Verfahren kann sich jeder, der nicht persönlich zur Hauptverhandlung erscheinen will, durch einen sogenannten Machthaber vertreten lassen. Das Gericht könnte zwar auf dem persönlichen Erscheinen des Angeklagten bestehen, wozu das steirische Bezirksgericht aber offensichtlich keine Veranlassung gesehen hat.
Nichts Alltägliches
So oft, wie jetzt behauptet wird, wird die überschnelle Durchführung der Hauptverhandlung nach Paragraf 451 Absatz 3 der Strafprozessordnung in der Praxis übrigens keineswegs angewendet. Es kommt schon vor, dass etwa nach einem Verkehrsunfall ein ausländischer Beschuldigter, bevor er weiterreist, eine Gerichtsverhandlung über sich ergehen lassen muss. Zum Gerichtsalltag gehört diese Vorgehensweise aber nicht.
Schließlich hat die Schnell-Justiz noch eine andere Folge: Sie beschneidet die Möglichkeit der Öffentlichkeit, an der Verhandlung teilzunehmen. Österreichs Strafjustiz wird daher allen Beschwichtigungssversuchen zum Trotz den Vorwurf nicht so schnell loswerden, hier einem Politiker sehr entgegengekommen zu sein.
Dr. Gernot Stöger ist ehemaliger Richter und war zuletzt als Vorsteher des Bezirksgerichtes Bruck an der Leitha tätig.