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Sonderprüfung des Bawag-Debakels

Von Sissi Eigruber

Wirtschaft

Finanzmarktaufsicht nimmt Bawag unter die Lupe. | Sondersitzung des Aufsichtsrates. | Wien. Betont ruhig hatten sich die Herren am Podium bei der am Dienstag Nachmittag doch so eilig einberufenen Pressekonferenz der Bawag gegeben. Einziges Nervositätszeichen: Der Kugelschreiber in den Händen von Bawag-Generaldirektor Johann Zwettler drehte sich immer schneller, je unangenehmer die Journalisten-Fragen wurden. Seither ist der öffentliche Druck auf die Gewerkschafts-Bank noch größer geworden.


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Die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) hat nun endgültig eine Sonderprüfung in Sachen Kreditvergabe der "Bawag P.S.K" an den inzwischen pleite gegangenen US-Broker Refco eingeleitet und folgt damit den Zurufen von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der von der FMA eine umfassende, rasche und lückenlose Klärung der Causa gefordert hatte. Vizekanzler Hubert Gorbach (B) sprach sich für eine Sonderprüfung des Bankinstituts aus. Die Bawag ist durch ihre Kreditvergabe an Refco nun Hauptgläubiger bei der viertgrößten Insolvenz in der US-Geschichte (siehe unten). Dem ehemalige Refco-Chef Phillip Bennett wird vorgeworfen, insgesamt 430 Millionen Dollar Schulden vertuscht zu haben. Die Aktien des Unternehmens stürzten ins Bodenlose. Inzwischen hat Refco Konkurs angemeldet.

Würde der gesamte Kredit schlagend, wäre das mehr als das Doppelte eines Jahresgewinns der Bank. Nun wird die Kreditvergabepraxis der Bawag in Frage gestellt. Zwettler hat in den vergangen Tagen immer wieder betont, dass die Entscheidung über die Vergabe der Kreditlinien ordnungsgemäß abgewickelt worden war. Vor Journalisten hatte Zwettler erklärt: "Wir haben Herrn Bennett keinen Kredit gegeben. Wir haben einer registrierten Gesellschaft von Bennett, die Aktien an Refco gehalten hat, einen Kredit gegeben und dafür Refco-Aktien erhalten". Das besagte Unternehmen von Bennett heiße Refco Holding Inc., so Zwettler auf Nachfrage. An eben dieses Unternehmen habe die Bawag Kredite in der Höhe von 350 Millionen Euro vergeben, an Refco samt Tochterunternehmen 75 Mio. Euro. Die Kreditvergabe an Bennetts Unternehmen sei natürlich erfolgt, bevor die Skandale um Refco bekannt geworden sind, betonte Zwettler.

Kreditvergabeprozess im Visier der Aufsicht

Genau dieser Ablauf der Kreditvergabe wird ab Montag ein halbes Dutzend Prüfer der Nationalbank und drei Experten der Finanzmarktaufsicht beschäftigen.

Laut FMA-Vorstand Kurt Pribil wird dann ein entsprechender Prüfbericht an Management und Aufsichtsrat der Bank ergehen, so Pribil gegenüber der Austria Presse Agentur.

Die Gewerkschaftsbank hat indessen für Donnerstag eine Sondersitzung des Aufsichtsrates einberufen. Hinterfragt werden soll dem Vernehmen nach auch die hektische Betriebsamkeit nach der Kreditvergabe am 10. Oktober, berichtet die APA. Angeblich soll kurz nach der Anweisung versucht worden sein, das Kreditgeschäft rückgängig zu machen, was aber nicht mehr machbar gewesen sei.

Von Vertretern aller Parteien, außer der SPÖ, gab es scharfe Kritik an der Vorgehensweise der Bawag: Die rote Gewerkschaftsbank sei in Spekulationsgeschäfte enormen Ausmaßes geschlittert, deren Dimension fatal an die Konsum-Pleite erinnere, sagte etwa Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn (F). Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (B) bekräftigte seine Forderung nach Abberufung des gesamten Vorstandes und Einsetzung einer kommissarischen Verwaltung für die "Bawag P.S.K.". Auch der Grüne Budgetsprecher Martin Margulies forderte Konsequenzen im Aufsichtsrat der Bawag.

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