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Ein Alarmschrei der gemeinnützigen Hilfsorganisationen, die an der Aktion "Licht ins Dunkel" beteiligt sind, soll die Regierung und alle politisch Verantwortlichen wachrütteln. Denn die Vereine haben immer mehr Aufgaben zu erbringen, müssen aber gleichzeitig mit höheren Belastungen, auch von Seiten der öffentlichen Hand, rechnen. Die NGOs fordern deshalb: "Hände weg von Spendengeldern". Wegen der Dringlichkeit wurde ein Memorandum an die Regierung verfasst.
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Die von der Regierung verordnete Privatisierung zwingt die Betriebe rein wirtschaftlich zu kalkulieren. Hatte die Postsparkasse (P.S.K.) noch bis vor kurzem ein Budget für soziale Aufgaben vom Bund bereitgestellt bekommen, so wurde dieses nun eingespart. Die Folge: Die P.S.K. hebt seit 1. Juli eine Erlagscheingebühr auf die Überweisung von Spenden in Höhe von 5 S ein. Diese "Sondersteuer für Nächstenliebe" wie sie der Licht ins Dunkel-Initiator Kurt Bergmann bezeichnet, werde nun dazu verwendet die Staatsfinanzen zu bedecken. "Aber der Großteil der Spender zahlt kleinere Beträge zwischen 50 und 200 S ein", ärgert sich Bergmann, der gegenüber der "Wiener Zeitung" betont: "Dieser Betrag wurde im Sommer eingeführt, wenn keiner richtig aufpasst". Auch findet er die übrigen Sparmaßnahmen, die Gemeinnützige betreffen, "unmoralisch und gesellschaftspolitisch falsch". Otto Perny, Präsident der Lebenshilfe, fürchtet, dass spendenwillige Bürger von ihrer guten Tat abgehalten werden könnten, wenn sie erfahren, dass sie damit auch zur Sanierung der P.S.K. beitragen.
Die NGOs geraten zusehends in die Sparzange: Einerseits übergibt die öffentliche Hand immer mehr Aufgaben an die Privaten, andererseits wird finanzielle Unterstützung zurückgenommen. Michael Chalupka, Direktor der Diakonie, analysiert: "Die Tendenz der letzten Monate zeigt, dass die Regierung den von ihr geprägten Begriff der Bürgergesellschaft ins Gegenteil verkehrt." Chalupka bedauert, dass er viel Zeit verbringen muss, um diese Angriffe auf die Taschen der Spender abzuwehren: "In dieser Zeit hätten wir aber Wichtigeres zu tun." Außerdem werde das Engagement der Nächstenliebe damit massiv gebremst.
Und Dieter Wesenauer, Präsident der Aktion "Rettet das Kind", setzt hinzu: "Die öffentliche Hand darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Sonst können Leistungen, die gesetzlich vorgeschrieben sind, nicht mehr erbracht werden." Die Finanzexperten der Hilfsorganisationen haben errechnet, dass die kumulierten Sparmaßnahmen - eben eingeführte Erlagscheingebühr, die von der Post geplante Erhöhung der Versandspesen - die Spendengelder um bis zu 15 Mio. S verringern. Darüber hinaus müssen die Organisationen für ihre Hilfsmaßnahmen Mehrwertsteuer abführen und Kapitalertragsteuer von Spendengeldern zahlen. Die Initiatoren fordern eine Aufhebung der finanziellen Belastungen.
Ab Herbst sollen alle karitativen NGOs zu weiteren Gesprächen eingeladen werden. Die Botschaft an die Politiker lautet: Jeder Spender und jeder der Hilfe braucht, hat eine Stimme.