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Die Massenflucht aus Erich Honeckers DDR setzte zu Beginn des Sommers 1989 ein. An die 130 Ostdeutsche drangen in die Ständige Vertretung der BRD in Ost-Berlin ein und versuchten, durch die Besetzung des Gebäudes ihre Ausreise zu erzwingen.
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Zur selben Zeit verharrten im Bonner Botschaftsgebäude in Budapest etwa 180 DDR-Bürger, in der Prager Botschaft 140. Ihr Anliegen: Ausreise in die Bundesrepublik.
Um eine weitere Eskalation zu verhindern, wurde die Ständige Vertretung in Ost-Berlin am 8. August geschlossen, die Schließung der Prager Botschaft erfolgte am 22. August. In Budapest hingegen erhielten am 24. August genau 108 ostdeutsche Staatsbürger von der ungarischen Regierung die Reiseerlaubnis in den Westen. "Eine einmalige humanitäre Aktion", so die ungarische Regierung.
Mit der legalen Ausreise der Botschaftsbesetzer wurde ein weiteres Problem nicht gelöst: Im Sommer 1989 verweilten geschätzte 70.000 Ostdeutsche auf Urlaub in Ungarn. Viele von ihnen wollten mit ihres Trabis und Wartburgs via Österreich in die Bundesrepublik weiterreisen, in der Zwischenzeit wurden sie in Auffanglagern stationiert.
Am 25. August fanden Geheimverhandlungen zwischen dem deutschen Kanzler Helmut Kohl und dem ungarischen Außenminister Gyula Horn auf Schloss Gymnich bei Bonn statt. Der ungarische Außenminister bekundete dabei die Absicht seiner Regierung, die ostdeutschen Bürger nicht gegen ihren Willen in ihre Heimat zurückzuschicken. Als Gegenleistung erfolgte von Helmut Kohl eine Zusage über einen 500 Millionen DM-Kredit an das hochverschuldete Ungarn.
Am 10./11. September war es dann soweit. Mit ihrem Hab und Gut fuhren die ostdeutschen Staatsbürger via Österreich in die Bundesrepublik, um sich dort mit Westmark eine neue Existenz aufzubauen.
Am 12. September protestierte die DDR gegen den "organisierten Menschenhandel".
In der Zwischenzeit war die Prager Botschaft noch immer von ostdeutschen Bürgern besetzt. Auch die Räumlichkeiten der Warschauer Botschaft waren zum Bersten voll. Nach Verhandlungen der Außenminister aller beteiligten Länder - auch der Außenminister der DDR und der UdSSR am Rand der UN-Vollversammlung in New York, fand man folgende Lösung: Da die humanitären und medizinischen Zustände in den Botschaften unhaltbar seien, werde eine Ausreiseerlaubnis erteilt. Diese Ausreise solle mit Zügen von Prag bzw. von Warschau aus über das Staatsgebiet der DDR in die Bundesrepublik erfolgen.
Am 1. Oktober durchquerten die ersten Sonderzüge die DDR, 6.800 DDR-Bürger schafften so die Einreise in den Westen. Andere DDR-Bürger versuchten, auf die Transitzüge aufzuspringen. Die Bahnhöfe in Dresden und die Gleise des Transportweges wurden daraufhin für die Öffentlichkeit gesperrt. An den beiden Folgetagen gelang es weiteren 7.600 Personen, aus den Botschaften in Prag und in Warschau via Transitzüge nach Westdeutschland zu gelangen.