Nur rund 50 Prozent zog es in die Wahllokale. | "Ausgang der Wahl, ist ja eh klar." | Wien. "Nein, ich geh nicht wählen", sagt die 21-jährige Publizistikstudentin Anna am Wahlsonntag im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Erstens hab ich meinen Wahlzettel weggeschmissen und zweitens beschäftige ich mich nicht soviel mit Politik."
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Zudem sei diese Bundespräsidentenwahl ja fast ein bisschen lächerlich, da ihr Ausgang ohnehin klar sei. "Ich weiß zwar schon, dass man ja eigentlich politisch mitwirken sollte, und wenn alle so denken würden wie ich, wärs wahrscheinlich auch blöd - aber mich interessiert das einfach nicht."
Die Haltung der 21-Jährigen dürften wohl so einige Österreicher teilen. Konnte bei der Bundespräsidentenwahl 2004 noch eine Wahlbeteiligung von 71,60 Prozent erreicht werden, so fiel die Wahlbeteiligung bei der diesjährigen Wahl ersten Schätzungen zufolge auf ein historisches Rekordtief von rund fünfzig Prozent.
Dem Wahllokal ferngeblieben ist auch der 40-jährige Helmut, der vor einem Café am Yppenplatz in Ottakring die Sonne genießt. "Ich wollte schon wählen gehen, aber ich hab keinen Ausweis mit. Und wir kommen direkt vom Fortgehen und sitzen schon seit acht Uhr früh hier", sagt er. "Und nachdem es sowieso klar ist, dass es der Fischer wird, ist es ja auch nicht so wichtig", fügt er hinzu. Seine Freundin Marlene hat gewählt. Schon vor einer Woche per Wahlkarte. "Nein, das muss schon sein", sagt die 24-Jährige. Auch den Wahlkampf habe sie mitverfolgt: "Der war eh ganz angenehm", findet sie. "Schön dezent, und nicht so ein großes Trara."
"Ich finde der Wahlkampf war total sinnlos, weil es eh klar war, wie die Wahl ausgehen wird", meint dagegen Eva-Maria, die gerade ihr Gerichtsjahr macht.
"Viel Ausländerhetze"
Zudem seien tagespolitische Themen behandelt worden, die in einem Bundespräsidentenwahlkampf überhaupt nichts verloren hätten - "die ganze Ausländerhetze etwa". Spannend fand sie allerdings, wie viel Prozent "die anderen" erreichen werden. "Hoffentlich möglichst wenig", fügt die 23-Jährige hinzu.
"Freilich war ich wählen, und ich finde, dass jeder wählen gehen sollte, weil schließlich brauchen wir ja einen Präsidenten", meint der 65-jährige Pensionist Karl Höfinger. Er ist "hundert-prozentig sicher, dass der Fischer wird". Denn die anderen Kandidaten sind seiner Ansicht nach unsympathisch. Auch er bezeichnet den Wahlkampf als "unnötig": "Wenn es sowieso klar ist, wies ausgeht, hätte man das Geld ja gleich für was Gscheiteres verwenden können."
Als ein "trauriges Schauspiel" umschreibt auch der 24-jährige Architektur-Student Florian den Wahlkampf. "Und allein an den zwei Gegenkandidaten kann man erkennen, dass es um Österreich nicht gut bestellt ist - ein Katholik und eine Rechte." Besonders schlimm sei das TV-Duell zwischen den Herausforderern Rudolft Gehring und Barbara Rosenkranz gewesen. "Das war so peinlich, da hab ich wegschalten müssen", sagt seine 24-jährige Freundin Denise. Gewählt haben beide aber trotzdem. Denn schließlich hätte man in einer Demokratie Rechte und Pflichten.
Nicht wirklich zufrieden mit dem Angebot an Kandidaten war auch die 40-jährige Elke. "Ich hätte mir schon mehr Kandidaten gewünscht, denn der Bundespräsident ist schon wichtig", meint die Krankenschwester. Sie war zwar noch nicht wählen, sagt sie Sonntagmittag, aber sie habe es noch vor: "Ich geh eigentlich schon immer, denn wenn ich das Recht dazu habe, denke ich mir, dass ich es auch nützen sollte."
"Mitbestimmen wichtig"
Dass Wählen wichtig ist, findet auch der 48-jährige Angestellte Gerhard. "So kann man mitbestimmen", meint er und rührt in seinem Kaffee. Er schätzt, dass Fischer 75 Prozent der Stimmen erreicht, während sich Rosenkranz und Gehring den verbleibenden Anteil teilen. "Anders kann es ja gar nicht sein." Denn die anderen beiden seien ja, abgesehen vom Politischen, auch fachlich nicht wählbar. "Der Gehring hat überhaupt keine politische Erfahrung und die Rosenkranz mit ihrem Ehemann - der ist ja aufgrund seiner politischen Einstellung nicht herzeigbar", konstatiert er.