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Autokrat versprach EU und Nato freie Wahlen - geworden ist es eine Farce.
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Bischkek. Der tadschikische Präsident Emomali Rachmon hintergeht Europa. Bei den Wahlen am 6. November ließ sich der seit 1994 regierende Staatschef in dem zentralasiatischen Land mit 80 Prozent bei den Präsidentschaftswahlen für weitere sieben Jahre im Amt bestätigen. "Es war eine Wahl ohne wirkliche Wahlmöglichkeit", urteilt Gordana Comic, Mitkoordinator der Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Donnerstag in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe. Auch bei früheren Wahlen hat die OSZE noch nie einen Urnengang in Tadschikistan als demokratisch bewertet.
Nato-Versorgungsstrang verläuft durch das Land
Aber genau das hatte der Präsident zugesagt. "Als Garant der Verfassung versichere ich, dass die nächsten Präsidentschaftswahlen frei, transparent und fair sind", versprach der 61-jährige Autokrat noch im April in Brüssel der Nato und der EU. Tadschikistan ist ein wichtiger Partner des Westens. Durch das Land an der Nordgrenze zu Afghanistan verläuft ein Strang der Nordversorgungsroute für den Nato-Krieg am Hindukusch und über dessen Straßen geht ein Teil des Abzuges. 2011 empfing sogar die Bundeskanzlerin Angela Merkel den tadschikischen Staatschef in Berlin.
Die fünf Gegenkandidaten auf dem Wahlzettel dienten nur der Staffage. Die meisten von ihnen bleiben weit unter fünf Prozent. Ein arithmetisches Wunder. Denn zur Registrierung für den Urnengang mussten sie jeweils 210.000 Unterschriften vorlegen, was eigentlich fünf Prozent der Wahlberechtigten in dem zentralasiatischen Staat ausmacht. Die eigentliche Herausforderin Oinichol Bobonasarowa scheiterte genau an dieser Sammlung und konnte an dem Urnengang erst gar nicht teilnehmen, da der autoritäre Staatsapparat die Sammlung der Unterschriften massiv behindert hatte.
Keiner der teilnehmenden Gegenkandidaten kritisierte vor der Wahl den Präsidenten, sie waren praktisch unsichtbar, während Rachmon im tadschikischen Fernsehen von früh bis spät gesendet wurde.
Konkurrenten wurden ausgeschaltet
Tadschikistan ist das ärmste Land in Zentralasien. Nach dem Zerfall der Sowjetunion brach 1992 dort ein blutiger Bürgerkrieg zwischen der von Moskau gestützten Regierung und der von den Islamisten dominierten Opposition aus. In der Anfangsphase sollen über 100.000 Menschen umgekommen sein.
Nach dem Friedensvertrag 1997 kehrte die Opposition zwar aus dem afghanischen Exil zurück und wurde mit 30 Prozent an der Macht beteiligt, aber Rachmon gelang es, die Konkurrenten auszuschalten. Sie wurden ermordet, verhaftet oder flohen aus dem Land. Allein die Partei der islamischen Wiedergeburt, die einzige legale islamische Partei in ganz Zentralasien, sitzt zwar noch mit zwei Abgeordneten im Parlament, aber dessen Vorsitzender Muchiddin Kaberi scheut die offene Konfrontation.
Unter der 19 Jahre währenden Herrschaft des Präsidenten grassiert die Korruption und die Wirtschaft verfällt. Knapp eine Million Tadschiken sind gezwungen, in Russland als Gastarbeiter zu arbeiten, ihre Überweisungen machen nach einer Studie der Weltbank 50 Prozent des Bruttosozialprodukts aus, das weit unter 900 Dollar (666 Euro) pro Kopf der knapp acht Millionen zählenden Bevölkerung liegt. Die Profite des Drogenschmuggels aus dem benachbarten Afghanistan finanzieren die Schattenwirtschaft in Tadschikistan.
Die International Crisis Group, eine in Brüssel sitzende Denkfabrik, rückte das zentralasiatische Land bereits 2009 in die Nähe eines "gescheiterten Staates".