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Sonnenseiten

Von Christina Mondolfo

Reflexionen

Sie ist die Teilerin der Zeit und die Weiserin des Weges, sie ist die Quelle des Lebens und hat es sogar in den Status einer Gottheit geschafft: die Sonne.


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Seit fast schon ewigen Zeiten kreist die Erde um das rund 150 Millionen Kilometer entfernte Zentralgestirn unseres Sonnensystems. Doch weder diese Entfernung noch die wissenschaftliche Einstufung der Sonne als "Zwergstern" in Bezug auf ihre Leuchtkraftklasse schmälern ihre Auswirkungen auf das Leben auf dem blauen Planeten und ihr gesamtes restliches Umfeld durch Strahlung, Gravitation und Sonnenwind.

Forscher der Max Plank-Gesellschaft fanden schon vor einigen Jahren heraus, dass die Sonne seit etwa 60 Jahren eine Phase mit erhöhter Aktivität aufweist, heute werden allerdings vermehrt wissenschaftliche Stimmen laut, die bezweifeln, dass diese noch lange anhalten wird. Um dem vielleicht unspektakulären Ende dieser Aktivität zuvorzukommen, machten sich jedenfalls diverse Filmregisseure an die Arbeit und schufen Szenarien, die die zerstörerische Kraft der Sonne in den Mittelpunkt stellten:

So ließ Alex Proyas in seinem Film "Knowing" durch eine gewaltige Sonneneruption im Jahr 2009 die Ozonschicht zerstören, woraufhin alles auf der Erdoberfläche verbrannte. Auch in "2012" von Roland Emmerich ist eine Sonneneruption riesigen Ausmaßes für die Erwärmung des Erdkerns und damit das Schmelzen der Erdkruste verantwortlich. Verheerende Erdbeben und Vulkanausbrüche leiten dann Zerstörung eines Großteils unseres Planeten ein.

GÖTTLICHE SONNE. Die Bedeutung des Zentralgestirns an unserem Himmel wurde bereits früh erkannt, die Auswirkungen auf das Leben auf der Erde sicherten ihm den Status einer Gottheit: Die Ägypter nannten die Sonne Ra, Re oder Aton, bei den Babyloniern war sie Utu, in Griechenland Helios, in den nordischen Mythen fährt Sol über den Himmel und die Maya verehrten Itzamná. Die Beobachtung der Sonne war die Grundlage für die Erstellung von Kalendern und Uhren, dennoch galt in der Antike die Erde als Zentrum des Universums. Erst Nikolaus Kopernikus unternahm Anfang des 16. Jahrhunderts ernste Anstrengungen, das heliozentrische Weltbild zu etablieren, was ihm allerdings nicht gelang. Heute besteht allerdings seit langem kein Zweifel mehr an der zentralen Stellung der Sonne und der sie umkreisenden Planeten, zu denen auch die Erde gehört.

KULTISCHE VEREHRUNG. Auch wenn die Sonne über Jahrhunderte nicht als Zentrum des Universums betrachtet wurde, wurde ihr doch kultische Verehrung zuteil: Sie wurde angebetet, gefürchtet und ihr wurde geopfert.

In Deutschland fand man im Landkreis Oldenburg Steine mit konzentrischen Rillen darauf, die Archäologen in die Bronzezeit datierten und mit einem Sonnenkult in Verbindung brachten. Auch auf der Himmelsscheibe von Nebra ist deutlich die Sonne zu sehen, gleich rechts daneben allerdings auch der Mond, der bei den Kelten einen höheren Stellenwert besaß. Die Germanen dagegen hatten die Sonnwendtage zu ihren höchsten Feiertagen erkoren.

Einen besonderen Status genoss die Sonne im Alten Ägypten. Das tägliche Auf- und Untergehen dieses riesigen Feuerballs, den die Ägypter allerdings für eine Scheibe hielten, galt als Zeichen der Erneuerung und wurde gerne mit der Geburt eines Kindes, dem besten Mannesalter (wenn die Sonne mittags im Zenith stand) und dem Sterben als Greis verglichen. Auch die Darstellung der Sonnenbarke geht in diese Richtung und untermauerte den Glauben an ein Leben nach dem Tod.

Die Sonnenbarke findet sich in leicht veränderter Form auch in Griechenland: Dort fuhr Helios mit dem Sonnenwagen über den Himmel, um abends im Meer zu versinken. Natürlich hatten auch die Römer ihren Sonnengott: Sol Invictus zu Ehren wurde der Sonntag erfunden und seinen Geburtstag am 25. Dezember hat das Christentum als ersten Weihnachtsfeiertag übernommen. An diesem Tag feierten auch die Perser die Geburt ihres Sonnengottes Mithras. Auch Ostern geht übrigens auf ein Sonnenfest zurück: Das Wort "Ostern" bezeichnet den Punkt im Osten, an dem die Sonne zu Frühlingsanfang aufgeht.

Die Sonne als Lebensspender

Dass Leben ohne Sonne nicht möglich ist, erkannte als zumindest einer der Ersten der ägyptische Pharao Echnaton (1365-1347 vor Christus). Eines seiner Gebete ist folgendermaßen überliefert: "Du schufst die Erde nach Deinem Begehren, während Du allein warst. Menschen, alles Vieh, groß und klein; alles, was auf der Erde ist, was einhergeht auf seinen Füßen, alles, was hoch droben ist, was mit seinen Flügeln fliegt." Echnaton betrachtete die Sonne übrigens als einzige Gottheit und ließ damit auf Jahrhunderte des Polytheismus eine Reihe von Jahren des Monotheismus folgen. Nach seinem Tod kehrten die Ägypter allerdings rasch wieder zu ihrer Vielgötterei zurück.

Die simple Formel "ohne Licht kein Leben" hat bis heute ihren wissenschaftlichen Anspruch gehalten und auch wenn man um die Gefahren der UV-Strahlen weiß, haben sie auch gute Seiten - es kommt eben wie bei vielen Dingen auf die Dosis an. Grundsätzlich steigert Sonnenlicht die Abwehrkraft gegen Infektionen und verbessert die Sauerstoffaufnahme über die Lunge. Außerdem wird Vitamin D in der Haut hergestellt, das wichtig für den Knochenbau, die Muskulatur und das Immunsystem ist. Unser Körper kommt auch mit ganz wenig Sonne aus: Ein Spaziergang pro Woche oder vier Minuten pro Tag reichen, es muss nicht einmal sonnig sein, denn die Vitamin D-Bildung funktioniert auch bei bedecktem Himmel.

Scheint die Sonne, schütten wir auch vermehrt Endorphine, also Glückshormone, aus - ein gutes Rezept gegen Stirnfalten und hängende Mundwinkel. Stoffwechsel und Kreislauf werden ebenso angeregt wie die Produktion jener Hormone, die unseren Tag-Nacht-Rhythmus bestimmen. Durch eine gesteigerte Funktion der Schilddrüse werden Fettreserven im Körper schneller abgebaut, die Fließgeschwindigkeit des Blutes wird beschleunigt und Alltagsbeschwerden wie Rheuma, Gelenksprobleme oder allgemeines Unwohlsein lassen im Allgemeinen an sonnigen Tagen nach. Die Sonne verschafft aber auch Schuppenflechte- und Psoriasis-Patienten Linderung, und nach neueren Erkenntnissen werden auch Lernleistung und Konzentrationsfähigkeit gesteigert. Schwer vorstellbar, wenn man drinnen sitzt und das schöne Wetter draußen vor dem Fenster stattfindet . . .

Guter Schutz

Wer sich gerne in der Sonne aufhält, sollte auf guten Sonnenschutz achten. Bei schweren, immer wiederkehrenden UV-Überdosierungen sind die körpereigenen Reparaturmechanismen überfordert, es können dauerhafte Schäden am Erbgut der Hautzellen entstehen. Eine mögliche Folge ist Hautkrebs. Zum richtigen Umgang mit der Sonne gehören Sonnenschutzmittel und simple Verhaltensregeln wie etwa die Mittagssonne zwischen 11.00 und 15.00 Uhr zu emiden, der verstärkte Aufenthalt im Schatten und die ausreichende Verwendung von Sonnencreme. Babys und Kleinkinder sollten niemals direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden.

Die richtige Anwendung von Sonnenschutzmitteln ist essentiell: Die EU empfiehlt zwei Milligramm pro Quadratzentimeter, das entspricht der Menge von sechs Teelöffeln: einer für das Gesicht, einer für die Arme, einer für den Oberkörper, einer für den Rücken sowie je einer für jedes Bein. Und: Je länger der Aufenthalt in der Sonne, desto höher sollten UVB-Lichtschutzfaktor zum Schutz vor Sonnenbrand und der UVA-Schutz vor Hautalterung und Hautschäden sein. Seit 2006 gibt es daher eine Empfehlung der Kommission für eine einheitliche Etikettierung, die mittlerweile umgesetzt ist. Irreführende Bezeichnungen wie "Sunblocker" oder "100 Prozent Schutz" sind verschwunden, da in Wahrheit kein Sonnenschutzmittel vollständigen Schutz vor UV-Strahlung gibt. Dafür wird die Angabe des Lichtschutzfaktors durch eine verbale Beschreibung unterstützt, da die Einteilung in niedrigen, mittleren, hohen und sehr hohen Schutz leichter verständlich ist als reine Zahlen wie LSF (Lichtschutzfaktor) 6-50. Einem unbeschwerten Sonnengenuss sollte damit also nichts mehr im Wege stehen . . .