Kalifornien erteilte Baugenehmigung an mehrere Solar-Firmen. | Der deutsche Anteil allein entspricht der Leistung eines AKW. | Nordafrikanisches Desertec-Projekt noch im Planungsstadium. | Sacramento/Berlin. Fährt man von Kalifornien nach Las Vegas, gibt es auf dem Großteil der Strecke nichts zu sehen, das nach der Aufmerksamkeit der Reisenden betteln würde: Dieser Teil der Mojave-Wüste schaut auf langen Strecken gähnend gleich aus. | Die größten Kraftwerke der Welt
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Das ändert sich nun. Vergangene Woche fingen die ersten Caterpillar an zu fahren: Auf einem riesigen Gebiet soll das weltgrößte Solarkraft-Areal entstehen. Soviel Bautätigkeit hat die Wüste seit knapp 100 Jahren nicht mehr gesehen, als ihr Abschnitt der legendären Route 66 errichtet worden ist.
Nun tummeln sich wieder Bauarbeiter und Ingenieure zwischen Kakteen und Geisterstädten. Das erste Solarkraftwerk wird nun von einer US-israelischen Firma gebaut. Die Solarturm-Anlage Ivanpah wird über 346.000 der Solar-Spiegeln verfügen und eine Gesamtleistung von 370 Megawatt haben. "Ich blicke über die Wüste und sehe eine riesige Goldmine", wird Noch-Gouverneur Arnold Schwarzenegger von der "Los Angeles Times" anlässlich des Spatenstiches zitiert. Denn damit nicht genug: Einen Tag vor dem US-Baubeginn hat die deutsche Firma Solar Millennium schließlich ebenfalls die Genehmigung bekommen, ihrerseits ein noch größeres Mammut-Projekt, ein paar Kilometer weiter, zu errichten. Insgesamt wird in dem kalifornischen Teil der Wüste der größte Solar-Park der Welt entstehen, erbaut von unterschiedlichen Unternehmen. Solar Millennium hat sich den größten Standort unter den Nagel gerissen. Die Firma mit Sitz im deutschen Erlangen hat die Genehmigung für vier Kraftwerke bekommen, die alle auf staatlichem Boden gebaut werden. Jedes einzelne soll 250 Megawatt an Leistung produzieren und werden damit schon für sich genommen die bisher größten Parabolrinnenkraftwerke der Welt sein. Zusammen sollen die vier Kraftwerke von Solar Millennium eine Leistung von 1000 Megawatt erbringen - dies ist vergleichbar mit der Stromproduktion eines normalen Atomkraftwerks.
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24 Quadratkilometer voller Solarpaneele
Die Gesamtinvestition für das deutsche Projekt bei Blythe, gut 360 Kilometer östlich von Los Angeles, wird auf 6 Milliarden Dollar (4,31 Milliarden Euro) beziffert. Die damit bebaute Fläche in der Mojave-Wüste wird sich über 24 Quadratkilometer erstrecken. Zum Vergleich: Das bisher flächenmäßig größte Solarthermie-Projekt, ebenfalls von Solar Millennium gebaut, steht in Andalusien. Doch es umfasst mit sechs Quadratkilometern nur ein Viertel der in der Mojave-Wüste angepeilten Fläche, die drei andalusischen Kraftwerke produzieren nur magere 50 Megawatt.
Noch heuer wird laut Solar Millennium mit dem Bau von zwei der vier 250-Megawatt-Kraftwerke in Kalifornien begonnen, 2013 soll das erste ans Netz gehen, 2014 das zweite. Die Einsatzteams werden versetzt daran arbeiten. Solar Millennium hat bereits Stromabnahmeverträge mit dem lokalen Energieversorger, Southern California Eddison, ausverhandelt. Erneuerbare Energien werden in Kalifornien, anders als in Österreich oder Deutschland, nicht über Einspeisevergütungen gefördert. Dafür sind die kalifornischen Energiekonzerne derzeit verpflichtet, mindestens
20 Prozent ihres Gesamtoutputs aus erneuerbaren Energien zu bestreiten. Für 2020 will man in Kalifornien diesen grüne Anteil an der Energieversorgung auf 33 Prozent erhöhen.
Nach Angaben des Unternehmens soll das Kraftwerk von Solar Millennium im Endausbau Strom für rund 300.000 Haushalte erzeugen können und so eine Million Tonnen CO2 vermeiden, die jährlich bei konventioneller Stromerzeugung anfallen würden. Solarthermie-Kraftwerke bieten sich in Kalifornien an, weil sie gerade zu den Spitzenlastzeiten ihre Hauptproduktion haben. "In den Mittagsstunden wird es heißer, Klimaanlangen schalten eine Stufe hinauf, die Solar-Werke liefern die nötige Mehrenergie", erklärt Solar Millennium gegenüber der "Wiener Zeitung".
Energie aus der Sonne wird inzwischen von vielen Unternehmen als zukunftsträchtige Ertragsquelle gesehen. Doch anders als bei der Photovoltaik, bei der die Chinesen inzwischen schon eine der führenden Nationen sind, ist die Solarthermie im Wesentlichen in deutscher und spanischer Hand.
Noch nicht abschätzbar ist das Desertec-Projekt
Solar Millennium ist etwa auch an der Planung und späteren Realisierung des Desertec-Projekts beteiligt. Zur Erinnerung: Ein Konsortium von 13 Unternehmen, neben Solar Millennium etwa auch Siemens und die Münchner Rück, will in Nordafrika mit dem jeweils geeignetsten Mittel erneuerbare Energie erzeugen. Nur ein Prinzip ist dasselbe: Der Strom soll in der Wüste erzeugt werden.
Doch damit hören sich laut Solar Millennium die Gemeinsamkeiten auf. Neben Solarthermie sollen auch Windenergie und Photovoltaik zum Zug kommen. Zudem gehe es vor allem erst einmal darum, die Rahmenverträge zu schaffen, nachdem das Projekt transnational mehrere Länder verbinden sollen. Welches Volumen Desertec letztendlich haben wird, steht in den Sternen. Im Idealfall wird mit dem Projekt nicht nur der Energiebedarf von Marokko, Tunesien und Algerien gedeckt werden, sondern auch Strom nach Europa exportiert werden.
Der Grundstein für dieses - lange Zeit nach Utopie klingende - Projekt Desertec wird wahrscheinlich in Marokko gelegt werden. Die dortige Regierung verfügt bereits über einen Solar-Plan, und Marokko ist mit Spanien schon über eine Stromleitung verbunden.