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Sonntagsöffnung: Viel Kritik und doch kein Nein

Von Christian Rösner

Politik

Song Contest dürfte Kritiker bremsen. Eine Analyse.


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Wien. Handel und Wirtschaftsvertreter jubilieren angesichts der Wirtschaftskammer-Urbefragung. Immerhin habe sich die Mehrheit der Befragten für Einrichtung einer Tourismuszone inklusive Sonntagsöffnung ausgesprochen - die "Wiener Zeitung" hat darüber berichtet. "Das ist ein klares Signal für ein Aufschließen von Wien zu anderen europäischen Weltstädten, wo es eine Selbstverständlichkeit ist, dass Touristen am Sonntag einkaufen können", erklärte etwa der Obmann der Sparte Handel, Erwin Pellet. Geht es nach Wiens Wirtschaftskammerpräsidenten Walter Ruck, sollten die Tourismuszonen spätestens bis zum Songcontest eingerichtet sein.

Eigentlich nur 10 Prozent dafür

Dass bei der Befragung etwa 14.500 von rund 90.000 verschickten Stimmzetteln retourniert wurden und damit eine unbeteiligte Mehrheit über eine unmittelbar betroffene Minderheit abgestimmt hat, wurde vonseiten der Wirtschaftskammer nicht groß thematisiert. Im Vordergrund standen die 72,6 Prozent, die sich für die Tourismuszonen ausgesprochen hatten. 72,6 Prozent von 14.500 abgegebenen Stimmen. Die Information, dass es de facto nur 10 Prozent von 90.000 Befragten sind, die im Sinne der Wirtschaftskammer gestimmt haben, kam naturgemäß nur von den politischen Gegnern der Kammer. Und dass bei vorangegangenen Befragungen genau zu diesem Thema genau das Gegenteil herausgekommen ist - weil eben nur in den Gebieten der betroffenen Unternehmen Stimmzettel ausgeteilt wurden -, fand ebenfalls kaum Erwähnung.

Selbst die schärfsten Kritiker bekamen in ihren ablehnenden Reaktionen am Tag der Ergebnis-Präsentation kaum mediales Echo, weil sie schon vor der Befragung ihr ganzes Pulver verschossen hatten und sich nur noch im Wiederholen der alten Botschaften üben konnten.

Und dann erklärte auch noch der in dieser Sache eigentlich als kritisch geltende Wiener Bürgermeister Michael Häupl, dass er das Ergebnis zur Kenntnis nehme. Man müsste sich nur vorher mit den Sozialpartnern einigen, bevor man über eine solche Aufsperrerlaubnis redet. Würden die Sozialpartner einen konkreten Vorschlag auf den Tisch legen, sei er "gerne zu Gesprächen bereit", meinte er am Dienstag dazu.

Im Büro der zuständigen Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner verwies man wiederum auf die Aussage des Bürgermeisters. Auch aus dem Büro der grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou hieß es: "Die Position der Grünen ist in der Frage der Tourismuszonen ist nicht unweit von jener des Bürgermeisters."

Und die Gewerkschaft selbst sieht in der Umfrage zwar kein "relevantes Votum". Von Verhandlungen geht man aber offensichtlich trotzdem aus: "Für uns bleiben selbstverständlich die Interessen der betroffenen Handelsangestellten im Zentrum aller Verhandlungen und wir gehen davon aus, dass auch eine Entscheidung der Stadt Wien nicht über die Köpfe der Wiener Handelsangestellten hinweg getroffen wird", erklärte der Vorsitzende des Wirtschaftsbereiches Handel in der GPA-djp, Franz Georg Brantner.

Keiner muss Gesicht verlieren

Ergo: Auch wenn sich de facto nur 10 Prozent von 90.000 Stimmberechtigten für Tourismuszonen ausgesprochen haben - ein definitives Nein gibt es zumindest von politischer Seite keines. Auf diese Weise können alle beruhigt dem Song Contest entgegenblicken, bei dem sich Wien als moderne, offene Weltstadt präsentieren kann. Und keiner muss dabei sein Gesicht verlieren.