Das Ziel, die Pensionen langfristig zu sichern, könne mit den derzeit geplanten Maßnahmen nicht erreicht werden, mahnt der Pensionsexperte Franz Kohmaier. Obwohl er derzeit eine Verwässerung der Reform konstatiert, ist er zuversichtlich, dass die Harmonisierung der Pensionssysteme gelingen wird.
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Zur überall hörbaren Forderung von "Pensionsgerechtigkeit" merkte gestern Franz Kohmaier, Leiter des Instituts für Sozialforschung KONTEX, in einer Pressekonferenz in Wien an: "Das derzeitige System ist ein Paradebeispiel an Ungerechtigkeit." Bei gleicher Beitragsleistung könnten total unterschiedliche Pensionsansprüche entstehen. Manche könnten bis auf das Siebenfache ihrer Beiträge kommen.
Im persönlichen Pensionskonto, das wie eine Lebensversicherung funktioniert - jeder bekommt mit einer fiktiven Verzinsung das, was er eingezahlt hat, aufgeteilt auf die statistisch noch zu erwartende Lebenszeit - sieht Kohmaier einen notwendigen Paradigmenwechsel. Ähnlich argumentierte am gleichen Tag in Alpbach der Grazer Pensionsexperte und Weltbankdirektor Robert Holzmann.
Der Übergang zu einem System mit Pensionskonto wäre aus Sicht Kohmaiers ein so "revolutionärer sozialpolitischer Schritt", dass er dazu neige, die Verwässerung des Vorhabens "milde" und als "lässliche Sünde" zu beurteilen. Die Verwässerung bestehe vor allem darin, dass man eine Deckelung der Verluste mit fünf Prozent vornehme. Das sei zwar gut für die Akzeptanz der Reform in der Öffentlichkeit, doch die Pensionen würden unfinanzierbar, wenn nicht in wenigen Jahren eine weitere Reform folge.
Kohmaier, Mitglied der Pensionsreformkommission, gibt sich aber überzeugt, dass die Menschen in einigen Jahren, wenn sie jährlich ihre Pensionskontoauszüge bekommen, "sicher ganz anders" denken werden. Als positiven Nebeneffekt, erwartet er auch, dass sich durch die Durchrechnung aller Beitragsjahre die Schwarzarbeit vermindert.
Zu den Gewinnern der Reform zählt Kohmaier vor allem Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter, Bäuerinnen und Frauen mit Kindern, also eher Leute mit kleinen Einkommen. Die Verlierer sind Angestellte, Selbständige und vor allem Beamte, also meist Gutverdiener, die - so Kohmaier - für die Höhe ihrer Pension privat vorsorgen könnten.
Bleibe die jetzige verwässerte Lösung, so sieht Kohmaier fast nur Gewinner. Das angehobene Pensionsalter führe zu mehr Beitragsjahren und trotz der längeren Durchrechnung in der Mehrzahl der Fälle zu höheren Pensionen. Vor allem Frauen würden davon profitieren und bald wie in Schweden auf 85 Prozent der Männerpensionen kommen. Die Forderung "45 Jahre sind genug" hält Kohmaier nur dann für realisierbar, wenn das nicht für Versicherungs-, sondern nur für Beitragsjahre gelte und wenn Lehrlingszeiten nicht berücksichtigt würden. Bei den Beamten befürwortet Kohmaier langsame Übergänge bei der Senkung der Beiträge und der Pensionshöhe.
ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch plädiert in Sachen Pensionsharmonisierung für einen Allparteienantrag im Parlament und eine anschließende Volksabstimmung.
FPÖ-Bundesparteiobfrau Ursula Haubner ist überzeugt, dass die Harmonisierung mit 1. Jänner 2005 realisiert wird. Über die wichtigen Eckpfeiler wie Stichtag, Pensionskonto, Leistungen für Frauen und Reduzierung von Privilegien im öffentlichen Bereich sei bereits Übereinstimmung erzielt worden.