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"Sorgfaltspflicht" für den Geldsektor verschärfen!

Von Matthias Mander

Gastkommentare

In den Gesetzen vieler Länder findet sich die Rechtsfigur "Mit der Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns" und - genauer - "Mit der Sorgfalt des guten Hausvaters" oder "Familienvaters" (diligentissimus pater familias), um demonstrativ zu fassen, was über die taxativen Gebote und Verbote hinaus jene Anforderung an das Rechtssubjekt zeigt, deren Missachtung zu bestrafen ist. Die "Sorgfalt des guten Hausvaters" hilft bei systemkritischer Suche nach Beurteilung der Weltverhältnisse und ihrer Verwerfungen: "Wie hätte ein guter Hausvater, dessen Familie alle Völker und alle Menschen bilden, diese Aufgabe gelöst?"


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Während die Realwirtschaft durch gesetztes Recht, technische Normen, Gewerbeordnungen, Kollektivverträge und Sozialbestimmungen - vor allem aber durch die Naturgesetze! - ihre Begrenzung, Aufsicht, Steuerung erfährt, die das Führen eines Betriebs im Rang allgemeiner Kultur gebieten, gibt es für die Scheinwelt der Finanzwirtschaft ähnlich zwingende, materielle Grenzen nicht.

Der Vorgabe "Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns" wäre daher die Norm "Verpflichtung für die Realwirtschaft" und "Unmittelbares Einwirken auf den Leistungsbereich" hinzuzufügen. Diese Regel wäre einsichtig und brauchbar, ihre Übertretung für einen Richter klar feststellbar und zu ahnden. Ihre Einführung würde das Herumschicken fiktiven Kapitals in schädlicher Produktionsferne verbieten. Forschung, Entwicklung, Produktion, Handel und Dienstleistungen würden gefördert, Spielen und Spekulieren mit lebensfernen Wettpapieren verhindert.

Die "Sorgfalt des guten Familienvaters für alle Realwirtschaftsteilnehmer" würde der geistigen Potenzialvergeudung und technischen Kapazitätsvergeudung abhelfen: Verhaltensweisen zu kodifizieren, die hinsichtlich Unterscheidungskraft die Makro-Apparate an die Entscheidungsfähigkeit des Individuums heranführen. Die "Qualität" des empirischen Weltlaufs - als Resultierende aller Missweisungen, Konflikte, Behinderungen, Vergeudungen und Unterschleife - liegt weit unter der individuellen Qualität und moralischen Verfassung, die in den Einzelmenschen grundgelegt ist.

Ziel auch des Subsystems Ökonomie muss die Anwendung und Umsetzung der gesamten humanen Begabung sein: Gerechtigkeitssinn, Geduld zu Langfristigkeit, Nachhaltigkeit, Bewährung im Übergang. Die "Sorgfalt des guten Hausvaters für den realen Leistungsbereich" als Messgröße der Finanzbranche vorzugeben - als Plattform der Intelligenzentfaltung und als weiter konkretisierte, griffige gesetzliche Demonstration -, ist geboten.

Unsere Selbstgefährdung durch ermüdetes Befolgen augenscheinlich unzutreffender Regeln und unsere verhängnisvolle Verzichtshaltung gegenüber ordnungspolitischem Höchstanspruch sind bewusst zu machen: Legistisch, technisch und moralisch Gebotenes zu leisten, gäbe der Wirtschaft einen sinnvollen, ja sogar den rettenden Impuls.