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Soros trotzt giftigen Brexit-Tiraden

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik

Osteuropas Nationalisten und die Rechte in den USA hassen ihn schon lange. Nun ist George Soros auch für die Brexiteers ein "Verschwörer".


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London. Leicht einzuschüchtern ist er nicht, der Milliardär und Philanthrop George Soros. Dass sich nun auch die britische Rechtspresse auf ihn einschießt, stärkt nur seine Entschlossenheit. Als vorige Woche bekannt wurde, dass Soros "Stiftung für eine offene Gesellschaft" Anti-Brexit-Aktivisten in Großbritannien 400.000 Pfund spendieren würde, waren rechtskonservative Blätter wie der "Daily Telegraph" und die "Daily Mail" mit Hasstiraden über den 87-Jährigen hergefallen. Am Montag begegnete Soros den Anfeindungen auf seine Weise: Er legte auf die Summe noch mal 100.000 Pfund drauf.

Insgesamt hat der US-Finanzier nun rund 800.000 Pfund locker gemacht, um in puncto Brexit noch ein Umdenken auf der Insel zu erwirken. Er tue das, hat er erklärt, weil ihm das Vereinigte Königreich "am Herzen" liege. Man müsse den Leuten deutlich machen, wie gefährlich die Abkoppelung von der EU für sie sei.

Auf keinen Fall könne er mitansehen, wie aus Britannien und Europa, den alten Freunden, plötzlich Feinde würden. Ganz abgesehen davon, was der Brexit in der britischen Gesellschaft anrichte: "Die alten Wähler haben die jungen überstimmt, die nun auf Jahrzehnte hin mit den Folgen des Brexit zu leben haben. Das verschärft bei der Jugend nur die Desillusionierung mit der Demokratie."

Bewunderung und Hass

Für Demokratie, Bürgerrechte und Minderheitenschutz ist Soros ja schon seit langem leidenschaftlich zu Felde gezogen. Enorme Summen hat er für entsprechende Kampagnen eingesetzt. In Osteuropa hat ihm das hasserfüllte Reaktionen auch von offizieller Seite, mit oft antisemitischen Tönen, eingetragen. Auch die Rechte in den USA hat er sich zum Feind gemacht, seit er dort mehr Schutz für Minoritäten forderte, Kampagnen gegen Polizeigewalt finanzierte und Donald Trumps Administration "eine Gefahr für die Welt" nannte. Überall halten ihn Populisten und Nationalisten für einen "globalen Drahtzieher", der "Verschwörungen" gegen legitime Regierungen und deren Politik anzettle.

In Großbritannien, wo der junge Soros sich 1947 nach seiner Ankunft aus Budapest zuerst ansiedelte, wo er an der London School of Economics Philosophie studierte und wo er seine Bankkarriere begann, hat man vor allem in der Konservativen Partei sehr zwiespältige Gefühle. Einerseits bewunderten die Tories seinen Aufstieg zu einem der erfolgreichsten Kapitalisten der Welt.

Anderseits haben sie ihm nicht vergessen, dass er 1992 mit seinem Übernacht-Verkauf enormer Summen von Sterling eine Milliarde Dollar Gewinn machte - und in London eine schwere Währungs- und Regierungskrise auslöste. Der Tag, an dem Soros das Pfund aus dem Europäischen Wechselkurs-Mechanismus zwang, ging als "Schwarzer Mittwoch" in die Geschichte ein.

Und nun hat die britische Rechte, ganz auf einen "harten Brexit" eingeschworen, erneut Grund, Soros zu hassen. "Der Mann, der die Bank von England ins Knie zwang, unterstützt heimliches Komplott, um den Brexit zu vereiteln", verkündet empört der "Daily Telegraph". Soros stecke hinter einer regelrechten "Verschwörung zur Brexit-Sabotage", warnt auch die "Daily Mail". Dabei hatte Soros keinerlei Anstalten gemacht, seine Spende an die Anti-Brexit-Lobby "Best for Britain" geheim zu halten. Und wiewohl Anti-EU-Presse und Brexiteers sich direkter Anspielungen auf Soros’ Religionszugehörigkeit enthielten, stieß das verwendete Vokabular, die Rede von "Verschwörung" und "heimlichem Komplott" übel auf.

Soros als Karikatur-Marionette

Wieder einmal klinge hier "eines der ältesten" Leitmotive des Antisemitismus an, klagt der Kolumnist Rafael Behr im linksliberalen "Guardian": "Der jüdische Finanzier, der Politiker wie Marionetten an Schnüren tanzen lässt und die Ereignisse aus dem Schatten heraus koordiniert."

Eine Karikatur, auf der ein schwarzer Labour-Abgeordneter als Soros-Marionette zu sehen ist, hat die einflussreiche Pro-Brexit-Gruppe "Leave.EU" tatsächlich noch immer auf ihrer Webseite stehen.