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Soros’ Zentraleuropa-Uni kommt nach Wien

Von Alexander U. Mathé

Politik

Nach Streit mit ungarischer Regierung verkündet amerikanische Privatuni Umzug nach Österreich.


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Wien/Budapest. Die Central European University (CEU) kommt nach Wien und die österreichische Politik ist begeistert. "Ein herzliches Willkommen" sprach Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) der auch als Soros-Universität bekannten Bildungseinrichtung aus. Auch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) freute sich auf die "Aufwertung des Wissenschaftsstandorts Wien". Eigentlich in der ungarischen Hauptstadt Budapest angesiedelt, wird ein Teil der Universität im September 2019 nach Wien übersiedeln.

Der Entscheidung vorangegangen war ein langer Streit mit der ungarischen Regierung. Die Magyaren hatten 2018 ihr Universitätsgesetz dermaßen geändert, dass die CEU in einigen Punkten gegen die Vorschriften verstieß. Auf Seiten der Universität beteuert man, inzwischen alle Auflagen erfüllt zu haben, von Regierungsseite ist eine letzte Entscheidung aber noch ausständig - sie wird für Jänner erwartet. Doch so lange wollte man bei der CEU offenbar nicht warten.

"Wir brauchen stabile Bedingungen", erklärte Prorektor Zsolt Enyedi gegenüber der "Wiener Zeitung" die Entscheidung zu übersiedeln. Sein Kollege, Prorektor Liviu Matei, sieht eine Garantie für diese Sicherheit darin, dass "beide Pole" der österreichischen Politik die CEU "mit offenen Armen" empfangen hätten - sowohl die türkis-blaue Regierung als auch das rot-grüne Wiener Rathaus.

Zuerst amerikanische Uni, dann auch österreichische

Die Hochschule - die ein breites akademisches Spektrum von Wirtschaft und Jus über vergleichende Geschichte bis hin zu Gender-Studien anbietet - wird im ersten Jahr als amerikanische Universität geführt werden und soll nach Erledigung der notwendigen Formalitäten auch den Status einer österreichischen Universität erhalten.

Dies war einer der großen Vorteile der Hochschule in Budapest: Nach Beendigung des Studiums hatte man sowohl einen ungarischen als auch einen amerikanischen Abschluss in der Tasche. Das ist für die CEU nach derzeitigem Stand der Dinge aber nicht mehr möglich. Lediglich der rein ungarische Teil der Universität kann weitergeführt werden.

Prorektor Enyedi erklärt die Problematik anhand der Gender-Studien. Die seien von der ungarischen Regierung zuerst erlaubt worden, wobei von dieser die Hälfte der Mitglieder des Akkreditierungsvorstandes bestimmt worden sei. Nach der neuen Gesetzeslage sei das Studium in Ungarn aber nicht mehr erlaubt. Dabei macht laut Enyedi der ungarische Teil der Universität lediglich ein Fünftel des Ganzen aus. Bleibt also nur die Emigration.

Ab September 2019 sollen alle neuen Studenten der CEU in Wien aufgenommen werden. Die bereits in Ungarn inskribierten Studiosi haben nach Status quo noch bis 2022 Zeit, ihr Studium dort abzuschließen.

Zu Beginn wird zwischen Wien und Budapest gependelt

Zu Beginn dürften den Studierenden spannende Zeiten ins Haus stehen. Denn für einen Teil der Kurse wird man wohl zwischen den Hauptstädten pendeln müssen. "Es gibt Kurse, die beispielsweise sowohl im ersten als auch im zweiten Studienjahr absolviert werden können", führt Prorektor Enyedi aus.

Angeboten würden sie aber nur in einer der Hauptstädte. Man müsse vorher überprüfen, was praktikabler sei: Von Wien nach Budapest oder von Budapest nach Wien, erklärte Enyedi. Denn die 1200 Studenten der CEU kommen aus mehr als 100 Ländern. Da könnte es zu Visaproblemen kommen. Wahrscheinlicher sei es, dass die neuen Studenten in Wien für ihre Seminare ein paar Wochen nach Budapest ziehen müssen, so der Prorektor.

Betrieb in beiden Hauptstädten wäre denkbar

Langfristig soll das gesamte Studienangebot nach Wien übersiedeln, auch wenn man den ungarischen Betrieb aufrechterhält. Und das soll laut Enyedi auch so bleiben: "Wir möchten eine akademische Präsenz in Ungarn aufrechterhalten."

Und sollte die ungarische Regierung doch noch einlenken? Hier müsse man laut CEU das weitere Vorgehen noch überlegen, allerdings sei es durchaus vorstellbar, beide Standorte weiterzuführen.

Doch danach sieht es derzeit nicht aus. "Die CEU wurde gezwungen, wegzugehen", sagte Rektor Michael Ignatieff. Die ungarische Regierung habe mit der CEU "gespielt", das sei nun vorbei. Die Universität ziehe jetzt in ein Land, in dem "man nicht mit uns spielt", sagte der Historiker, der Professor an den Eliteuniversitäten Cambridge, Oxford und Harvard war und von 2008 bis 2011 Vorsitzender der kanadischen Liberalen.

Geplanter Standort ist Otto-Wagner-Spital

Die ungarische Regierung reagierte gelassen auf die Ankündigung und bezeichnete den Schritt am Montag als "politischen Bluff". "Es ist allgemein bekannt, dass eine bedeutende Zahl von Lehrveranstaltungen weiterhin in Budapest abgehalten wird", kommentierte Regierungssprecher Zoltan Kovacs - selbst ein CEU-Alumnus - auf Twitter die Ankündigung.

Die Privatuniversität CEU war 1991 durch den ungarischstämmigen liberalen US-Milliardär und Philanthropen George Soros gegründet worden. Geplant ist eine Ansiedlung der Universität auf dem Areal des derzeitigen Otto-Wagner-Spitals in Penzing.