Wiens verbesserter Dialog mit Moskau ist wünschenswert, darf aber nicht auf Kosten europäischer strategischer Interessen gehen.
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Sotschi. Nun ist also der Grundstein zum Sotschi-Dialog gelegt, Beim Arbeitsbesuch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in Sotschi übernahmen der Bundespräsident und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin den Vorsitz bei der ersten Sitzung des Dialogforums.
Aber wie wird dieser Dialog mit Leben erfüllt und was soll das in der Praxis bringen? Mit Berlin führt Moskau den sogenannten Petersburg-Dialog, mit Frankreich den Trianon-Dialog. In all diesen Foren geht es um eine Vertiefung der Beziehungen mit Russland.
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Russland entwickeln sich seit dem Sanktionsschock im Gefolge der russischen Annexion der Krim wieder positiv: Bereits 2018 und 2017 wurde ein Zuwachs von jeweils 9 Prozent auf knapp 5,4 Milliarden Euro und fast 14 Prozent auf 4,95 Milliarden Euro verzeichnet. 2012 lag das Außenhandelsvolumen mit 7,28 Milliarden Euro auf einem Allzeithoch. Russland ist für Österreich vor allem als Energielieferant interessant - für die OMV ist Russland die wichtigste Bezugsquelle für Gas, der Gashub Baumgarten ist derzeit für die Gazprom der wichtigste Pipelineknotenpunkt in Westeuropa. Die Wirtschaft hofft auch eine weitere Ankurbelung der Geschäfte durch den Dialog.
Die Aussicht auf eine vertiefte Kulturzusammenarbeit ist besonders verlockend: Die Beziehungen zwischen Russland und der EU waren schon besser. Die Vorwürfe an die Adresse Moskaus sind mannigfaltig: Unterstützung für das Regime von Bashar al Assad in Syrien, völkerrechtswidrige Annexion der Krim, Unterstützung prorussischer Separatisten in der Ostukraine. Versuche des Kreml, mithilfe einer fünften Kolonne in den europäischen Rechtsaußen-Parteien und aggressiven Cyber-Aktivitäten die Politik in Europa zu beeinflussen.
Trotz alledem - oder vielleicht deswegen - ist ein Dialog mit Moskau vernünftig. Man muss ja nicht gleich mit dem russischen Präsidenten Walzer tanzen, wie Außenministerin Karin Kneissl das bei ihrer Hochzeit getan hat. Auch den Wirtschaftsvertretern sollte klar sein, dass strategische europäische Interessen Vorrang vor kurzfristigen Profitinteressen haben sollten. Zudem würde der österreichischen Politik mehr Sensibilität gegenüber Kiew gut anstehen: Die Parallelen zwischen der Annexion der Krim durch Russland und dem "Anschluss" Österreichs durch Nazideutschland stechen ins Auge.
Europa hat auch Fehler im Umgang mit Russland gemacht - zu lange ließ man sich von Washington gegen Moskau in Stellung bringen. Die Folge: Misstrauen und Lauerstellung.
Russland wird - hoffentlich - eines Tages wieder ein Partner Europas, mit dem man gerne freundschaftlichen Kontakt pflegt. Da bietet ein Dialog der Kulturschaffenden eine Chance. Ein Problem ist dabei das russische Verständnis von Staatskultur. Es wird nicht leicht für die österreichische Seite sein, passende Partner - Künstler, nicht Funktionäre - zu finden. Aber: Es gibt russische Autoren, Journalisten, Theaterschaffende, Filmleute und Intellektuelle, die an einem freundschaftlichen Kontakt mit Europa und Österreich großes Interesse haben. Viele junge Russen haben mit dem irredentistischen Nationalismus des Kreml wenig am Hut, sondern sehen sich als moderne, kosmopolitische Europäer. Auf kultureller Ebene gibt es auch viel mehr Verständnis für- und Neugierde aufeinander. Darauf sollte man bauen.