Zum Hauptinhalt springen

South Stream gegen Nabucco: Beim Gas-Wettlauf gewinnt die Türkei

Von Dieter Friedl

Analysen

Auch wenn es so aussieht, als hätte Russland im Gas-Wettlauf mit dem jüngsten Vertrag über den Bau der South-Stream-Pipeline in der Türkei die Nase vorne: Der Schein trügt. Das EU-Projekt Nabucco ist sicher nicht ins Hintertreffen geraten. Wenn es einen Sieger gibt, dann die Türkei, die ihre Energiestrategien nun besser verwirklichen kann. | Die Türken haben nämlich ein Nadelöhr, und das heißt Bosporus. Durch diese Engstelle müssen alle Öltanker aus dem Schwarzen Meer. Deshalb plant Ankara, nun mit der Hilfe der Russen, eine Ölpipeline vom schwarzen Meer in den Mittelmeerhafen Ceyhan. Hier enden bereits zwei Ölleitungen - eine vom Kaspischen Meer (Baku) und eine aus dem Irak. In Ceyhan soll eine große Raffinerie entstehen, mit der die Versorgung des türkischen Marktes besser gewährleistet wäre.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Experten meinen, dies wäre das einzige Raffinerieprojekt, das sich noch rechne. In Europa gibt es derzeit große Überkapazitäten, weshalb auch Anlagen vom Markt genommen werden (das könnte unter Umständen auch eine OMV-Raffinerie in Rumänien treffen).

Des weiteren haben die Russen der Türkei auch ihre Unterstützung beim Bau von zwei Atomkraftwerken zugesagt. Am Nabucco-Projekt ist die Türkei selbst beteiligt und kann damit künftig Gasmengen abrufen. South

Stream wurde gerade einmal eingeräumt, dass diese Gasleitung über türkisches Territorium laufen darf. Der weitere Verlauf von South Stream steht noch in den Sternen. Es wurden zwar bereits Vereinbarungen über die Streckenführung mit Bulgarien und Serbien getroffen, aber die neue bulgarische Regierung möchte entsprechende Pläne vorerst einmal auf Eis legen.

Wohin die neue Gasleitung münden soll, ist auch noch nicht geklärt - die Rede ist von der Adria, angedacht wurde eine Abzweigung ins österreichische Baumgarten, was bisher auf wenig Gegenliebe seitens der OMV gestoßen ist. Die neue Leitung müsste auch noch die Zustimmung Brüssels finden, was - wie man bei Nabucco gesehen hat - ein langwieriger Prozess ist. Der kolportierte Baubeginn 2010 für South Stream ist daher ins Reich der Phantasie einzuordnen.

Dass das Russen-Projekt über eine Gasversorgung verfüge, die Nabucco fehle, entspricht ebenfalls nicht ganz der Realität. Nabucco soll in der ersten Phase acht Milliarden Kubikmeter Gas transportieren, wofür man auf bereits vorhandene Leitungen zurückgreifen kann. Für vier Milliarden stehen aserbeidschanische Quellen zur Verfügung.

Eine zweite Quelle dürfte der Nordirak sein: OMV und Nabucco-Partner MOL haben sich mit je zehn Prozent an zwei Gasfeldern im Nordirak beteiligt, die bis 2015 erschlossen sein sollen. Diese beiden Gasfelder sollen rund 24 Milliarden Kubikmeter jährlich liefern.

Nabucco scheint somit auf Schiene zu sein, was man von South Stream nicht sagen kann.