Der ehemalige Notenbanker Ewald Nowotny schreib in seinem neuen Buch über "Geld und Leben".
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Was für ein Titel: Nicht Geld oder Leben, sondern Geld und Leben. Was wäre besser geeignet, um Ewald Nowotnys Wirken zu charakterisieren: Geld, das bestimmte die Karriere des Bankers, der als Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank eine Spitzenposition in der Finanzwelt erklommen hatte. Geld zu gewinnen, das war aber nicht die persönliche Motivation für Nowotnys Weg von der Universitäts- in die Finanzwelt. Geld war der Gegenstand des intellektuellen Interesses des Professors der Wirtschaftswissenschaften; Geld, das war das, womit er zu tun hatte - in der Europäischen Zentralbank, im Internationalen Währungsfonds, in der Europäischen Investitionsbank, in der Bawag-PSK und eben in der Nationalbank.
Daneben gibt es das Leben. Leben, das ist für den Ehemann und Vater die Familie. Leben, das ist aber auch die Politik. Die beeinflusste Nowotnys Leben: Von seiner sozialdemokratischen Überzeugung geprägt, war der junge Nowotny im "Verband Sozialistischer Studenten Österreichs" aktiv und später - über viele Jahre - als Abgeordneter im Nationalrat. Für Nowotny heißt es nicht "Geld oder Leben".
Er kann beides verbinden. Er definiert sich über sein politisches Leben, das über die letzten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts in die ersten des jetzigen reicht. Aber er definiert sich auch über Geld - nicht im Sinne eines Interesses an der Anhäufung von Vermögen, sondern über Geld, dessen Logik er als Banker erfahren und als Lehrer einer Allgemeinheit zu vermittelt verstand.
Abhängigkeitsverhältnisvon Geld und Leben
In seinem Buch zeigt Nowotny auf, wie er "Leben" und "Geld" zu verbinden verstand. Dass er nach den langen Sitzungen in der Europäischen Zentralbank die Nacht nach Möglichkeit in der Thomas-Mann-Suite des "Frankfurter Hofes" verbrachte, war für ihn Anlass, immer wieder über den Sohn der Lübecker Kaufmannsdynastie zu reflektieren, dessen Werk Nowotny schätzt; und ein Berlin-Besuch provozierte das versöhnliche Nachdenken über die literarischen Antipoden Mann und Bertolt Brecht. Dass Nowotny dazu im Brecht-Haus auch vom Augarten-Porzellan der aus Wien stammenden Helene Weigel angeregt wurde, zeigt, dass der frühere sozialistische Studentenfunktionär Nowotny den Sinn für die Ästhetik bürgerlicher Ambiente nie verloren hat.
Der Universitätslehrer Nowotny beschreibt den Brückenschlag zwischen Geld und Leben besonders gut, wenn er verdeutlicht, wie sehr die für viele so trockene Materie der Finanzwelt mit Leben zu tun hat; wie sehr Politik und Finanzen in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Die Welt der Finanzen braucht die Welt der Politik - und diese kann die Eigendynamik eines globalisierten Finanzsystems nicht einfach ignorieren.
Nowotny definiert seine Identität als eine mehrfache. Er ist Österreicher, Europäer, Weltbürger. Und das zeigt, wie sehr ein Brückenschlag möglich, wie sehr er real ist: Es geht nicht um ein Entweder-oder. Das Sowohl-als-auch ist schon Wirklichkeit. Eben: Sowohl Geld als auch Leben.
Ewald Nowotnys Buch "Geld und Leben" ist heuer im Braumüller-Verlag erschienen. Der Autor ist Universitätsprofessor der Wirtschaftswissenschaften und war Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank und bei der Europäischen Investitionsbank.
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