Zehn Jahre Fonds Soziales Wien (FSW): Die demografische Entwicklung der Stadt stellt die nächste große Herausforderung dar.
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Wien. Menschen mit Pflegebedarf oder einer Behinderung, Flüchtlinge, Obdachlose oder Menschen mit Schuldenproblemen. Sie alle werden in Wien aus einer Hand unterstützt. Seit 2004 ist der Fonds Soziales Wien (FSW) für sie verantwortlich. Denn 2003 beschloss der Wiener Gemeinderat, das Wiener Gesundheits- und Sozialwesen von Grund auf zu reformieren.
Es ging damals um die Erfüllung von drei Punkten: Soziale Sicherheit sollte auch unter schwierigen Rahmenbedingungen gewährleistet werden und die Leistungen für sozial Benachteiligte sowie tausende Beschäftigte in diesem Bereich sollten gesichert werden. Daraufhin wurden die Aufgaben der MA 47 (Pflege und Betreuung) und Teile der MA 12 (Soziales) der MA 15 (Gesundheit) zusammengeführt. Grundsätzlich gehe es darum, dass "alle Wiener die Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Das darf nichts damit zu tun haben, wie viel jemand verdient oder wie hoch seine Pension ist", erklärte Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely am Dienstag. Der FSW nennt das Subjektförderung: Die einzelne Person wird, abgestimmt auf den persönlichen Bedarf und die Lebensumstände, für den Bezug einer Leistung gefördert.
Die Reform brachte außerdem eine Neuordnung der Kompetenzen mit sich. Planung und Strategie blieben bei der Stadt Wien, der FSW übernahm die Förderung und Qualitätssicherung. Die sozialen Dienstleistungen werden von gemeinnützigen Organisationen erbracht. Die Planung und Steuerung des Wiener Sozialsystems sollte nicht dem freien Markt überlassen werden. Und die Zielvorgaben waren gesteckt: Transparenz, einheitliche Regelungen und effiziente Strukturen. "Es war klar, dass wir aus den traditionellen Organisationsformen ausbrechen müssen, um völlig neue Wege zu gehen", so Peter Hacker, der Geschäftsführer des FSW.
Und das war nicht immer leicht: "Das war überhaupt keine ‚Gmahde Wiesn‘, sondern eine riesige Herausforderung. Der FSW selbst hat 1400 Mitarbeiter und wir finanzieren ein Feld mit 25.000 Beschäftigten. Diese vielen Beschäftigten von den Neuerungen in Buchhaltung, Rechnungswesen und Controlling zu überzeugen - das war harte Arbeit", so Hacker. Und die muss entsprechend finanziert werden. Heuer beträgt das Budget des FSW etwa 1,2 Milliarden Euro, 2004 waren es noch 400 Millionen Euro.
Anzahl der über 85-Jährigen wird steigen
Auch wenn Wehsely von einem "Erfolgsmodell" spricht, muss der FSW bereits jetzt wieder mehrere Jahre in die Zukunft blicken. Oder es zumindest versuchen, wenn er mit seiner Arbeit den gesellschaftlichen Veränderungen gerecht werden will. Die wichtigste Herausforderung sei, laut Hacker, die demografische Entwicklung: "Derzeit stagniert die Anzahl der über 85-Jährigen in Wien. Aber in den nächsten fünf Jahren wird sie wieder steigen. Die Budgetierung wird eine Herausforderung, aber wir müssen uns auch Gedanken darüber machen, wer die Arbeit überhaupt machen soll." Man müsse vor allem versuchen, die entsprechenden Tätigkeitsfelder im Pflegebereich attraktiver zu gestalten, so Hacker.
Auch Wehsely sieht die größte Herausforderung nach wie vor in der Pflege. Immerhin fließt der Großteil des FSW-Budgets in diesen Bereich und wird künftig auch neue Gruppen von Kunden unterstützen müssen: "Ein kleiner aber wichtiger Aspekt ist die erste Generation von alten Behinderten. Das ist eine Herausforderung, die wir bisher so nicht kennen und für die es in Zukunft Lösungen braucht", so Wehsely.