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Soziales Netz & Einsamkeit

Von Reinhold Aumaier

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Manchmal fühlt man sich einsam inmitten von Zwei- oder Mehrsamkeit. Ein andermal wird das ersehnte Alleinsein bald zur Last. Der Idealzustand ist die Ausnahme bzw. nicht von Dauer. Erschöpfend lotet(e) Nikolaus Halmer im dieswöchigen "Radiokolleg" auf Ö1 die mannigfachen "Labyrinthe der Einsamkeit" aus. Dennoch leise Kritik bzw. Anregung von Hörerseite aus: Dass der Mensch "dank" moderner (Knopfdruck-)Technik immer mehr in Zeitdruck und -not gerät, ist kränkendes Faktum. Gerade deshalb sollte man in einer derart hochklassigen Sendung auch formal - d. h. im Umfang mit der Zeit - das Beste bieten. Es ist ein Unterschied, ob jemand im normalen Erzählton aus seiner Alltagserfahrung berichtet oder ob das verdichtete Zitat eines Denkers und Dichters zur Sprache gebracht wird. Nach ein paar Zeilen von Celan, Kafka oder Nietzsche sollte man nicht in Sekundenbruchteilen das nächste Statement anhängen, sondern zwei, drei Sekunden Funkstille walten lassen - einfach zum Nachdenken.

Am Montag rutschten wir zufällig ins "Journal-Panorama" hinein. Faszinierend, wie die wirtschaftlich gebeutelten Argentinier neben den offiziellen fünf Währungen eine private erfunden und eingeführt haben: die der sogenannten Creditos. Das sind Tauschgutscheine - auch soziales Geld genannt. Vorbei an der internationalen Währungspolitik betreiben solcherart die Armen und Ärmsten Hilfe zur Selbsthilfe. Ein Volk knüpft eigenhändig (s)ein soziales Netz. In die Hände genommen hatte Olivier Messian eine Mappe mit Notenpapier, sich auf die Wiese unter einen Baum gestellt und den Vogelgesang notiert. Der Komponist als Naturbursch und Stimmensauger. Zu sehen waren diese kostbaren Doku-Filmchen montags im Magazin "Sylvia" bei Arte. Hochgenuss für Aug und Ohr.