Zum Hauptinhalt springen

Sozialisten stemmen sich gegen Barroso

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Kommissions-Chef wird von SPE nicht im Juli bestätigt. | Karas "befremdet" über Drohungen. | Brüssel. Martin Schulz redete sich sichtlich in Rage: Jose Manuel Barroso sei der "falsche" Kandidat für weitere fünf Jahre an der Spitze der EU-Kommission, er stehe für einen "gescheiterten Weg" und die notwendige Neuausrichtung der EU sei mit dem Portugiesen nicht machbar, wetterte der Chef der Sozialdemokraten im EU-Parlament am Donnerstag.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Deshalb werde seine Fraktion Barroso nicht bestätigen, "schon gar nicht im Juli." Und bei einer späteren Abstimmung - frühestens im September - werde er für eine eventuelle Zustimmung "verbindliche Garantien" für eine sozialere Politik fordern.

Die Europäische Volkspartei (EVP) warnte er davor, den - von allen 27 Staats- und Regierungschefs unterstützen - Kandidaten in einer Allianz mit "Europaskeptikern, Anti-Europäern, Rechtsradikalen und Demokratiefeinden" durchzusetzen. Von denen gebe es im neuen EU-Parlament nämlich deutlich mehr als zuvor. Stabile Mitte-Links- oder Mitte-Rechts-Mehrheiten seien dagegen unmöglich geworden. Gemeinsam mit den Linken, den Grünen und den Liberalen erreichten die Sozialdemokraten gerade einmal 332 Stimmen statt der notwendigen Mehrheit von 369. Auf der anderen Seite hätten die Liberalen und die EVP gemeinsam nur 323. Und mit den soeben erst ausgetretenen britischen Tories wolle sich die EVP jetzt wohl "nicht erpressen lassen", so Schulz.

"Befremdet" reagierte EVP-Vizefraktionschef Othmar Karas auf diese "Drohgebärden": "Ich hoffe, das Herr Schulz endlich wieder in das konstruktive Boot der Europapolitik zurückkehrt", sagte er zur "Wiener Zeitung". Die EVP habe klargemacht, dass die Sozialdemokraten ihr erster Ansprechpartner seien, wenn es um die Bestellung der Präsidenten von Kommission und Parlament gehe. Doch Gespräche könnten nicht damit beginnen, "wild um sich zu schlagen". "Wir lassen nicht zu, dass die Sozialdemokratie Europa blockiert, weil sie mit ihrer Wahlniederlage nicht fertig wird", erklärte Karas. Nicht jede Mehrheit ohne Sozialdemokraten passe unter die Überschriften von Schulz. Schon aus dessen Lager würden zahlreiche Stimmen für Barroso kommen, meinte der ÖVP-Europaabgeordnete - auch im Juli.

Schulzens Fraktion heißt im Übrigen nicht mehr Sozialistische Partei Europas, sondern "Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten". Das kommt vom Überlaufen er italienischen Demokratischen Partei, und verstärkt das neue Bündnis auf 183 Sitze. Leidtragende sind die Liberalen, die künftig wohl nur noch 59 Abgeordnete stellen. Damit liegen sie nur noch knapp vor den neuen "Konservativen und Reformern" der euroskeptischen britischen Tories und den Grünen mit je 55 Sitzen.