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Sozialpartner müssen liefern

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Wir sind da nicht zu Publizität verpflichtet, ist von Sozialpartnern zum diskreten Treffen der vier Präsidenten zu hören. Das ist richtig, das Faktum entzieht sich der Kritik. Diesem Recht der Sozialpartner steht aber - auf Inhalte bezogen - auch eine Pflicht gegenüber.

Zur Pflicht der Sozialpartner gehört es, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten alle Möglichkeiten zur Verbesserung auszuschöpfen. Nun sind die Zeiten schwierig, die Sozialpartner gefielen sich zuletzt allerdings im gegenseitigen Ausrichten von Justament-Standpunkten. Das ist nicht nur grundsätzlich sinnlos, weil es Stillstand bedeutet. Es ist auch das Gegenteil dessen, wofür es sie eigentlich gibt.

Österreichs Sozialpartner sind der konstitutionelle Kompromiss. Sie bestimmen über Kollektivverträge. Die jährlichen Verhandlungsrunden kämen ohne Kompromiss zu keinem Ende. Sie kontrollieren die Sozialversicherungen. Deren Struktur atmet bestenfalls die 1970er Jahre. Mit der modernen Arbeitswelt hat sie wenig zu tun. Auf der Leistungsseite gibt es Schieflagen. Die Brutalität, mit der Kassen im Mitversicherungsbereich Studierenden begegnen, die Prüfungen nicht auf Punkt und Beistrich abliefern, ist eine Missachtung der Jugend. Start-up-Unternehmer erzählen ähnlich unerfreuliche Dinge.

Hier müssen die Sozialpartner ihrer gesellschaftlichen Pflicht mit derselben Verve nachkommen, mit der sie auf ihre Rechte pochen. Eher rasch.

Möglicherweise zielt das Auftakttreffen in Linz in diese Richtung. Es wäre zu wünschen, denn bei aller Kritik ist eines unbestreitbar: Das in den Kammern versammelte Know-how muss abgerufen und genutzt werden. Die Turbulenzen mit Russland schauen nicht so aus, als ob sie rasch vorbei wären. Das Steuersystem hängt schief, aber eine Neuordnung der Einnahmenseite greift tief in die jeweilige Klientel der Sozialpartner - auch auf Arbeitnehmerseite.

Nun haben die Sozialpartner in der Vergangenheit oft bewiesen, dass sie imstande sind, sich von Dogmen zu lösen - und dadurch mitgeholfen, parteipolitische Fronten zu befrieden.

Daneben haben sie noch die Aufgabe, die Sozialpartnerschaft stärker auf europäischer Ebene zu verankern, auch wenn sie dort auf rabiate Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter treffen.

Sie wissen es, probieren es auch in Ansätzen. Die wirtschaftliche Entwicklung macht es nun notwendig, dass sie liefern. Eher rasch.