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Sozialwesen: Chance Zivilgesellschaft

Von Fredy Mayer

Politik

Dem Österreichischen Roten Kreuz dient die Diskussion um den Zivildienst als "Vehikel für eine breite Debatte um die Zivilgesellschaft". Denn ohne diese ist die Gestaltung des Sozialwesens undenkbar. Die Frage nach dem künftigen Sozialsystem - in Österreich, aber auch in anderen Ländern - ist daher eine nach der Zukunft der Zivilgesellschaft.


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Als Konsequenz zur Bundesheerreformkommission wurde jetzt ein adäquates Gremium zum Zivildienst geschaffen. In den nächsten Monaten soll hauptsächlich das Thema der Reduktion des Zivildienstes und dessen mögliche Auswirkungen auf Zivildienstleistende, Staat und Trägerorganisationen behandelt werden. Die Kommission wird dazu im Jänner 2005 Empfehlungen an die politisch Verantwortlichen weitergeben können.

Dem Roten Kreuz geht es aber schon jetzt um mehr. Bereits in einigen Jahren könnte der Präsenzdienst der Vergangenheit angehören. Und mit ihm auch der Zivildienst. Dies wiederum wird unser Sozialwesen schwer treffen. Fast 10.000 Zivildiener sind im österreichischen Sozialsystem fest verankert.

Ob das Rettungswesen und die sozialen Dienste ohne Zivis auch in Zukunft in der gewohnten Qualität bestehen bleiben? Eine Antwort darauf lautet: "Alles eine Frage des Geldes". Wobei gleich eine weitere Frage erlaubt ist: "Kann die öffentliche Hand die soziale Sicherung der Bevölkerung in Hinblick auf die strukturellen Veränderungen der Gesellschaft gewährleisten?" Das Stichwort dazu lautet: Alterspyramide. So zahlen immer weniger junge Leute Beiträge, gleichzeitig gibt es aber immer mehr alte und hilfsbedürftige Menschen. Und die Generation der heute über 50-jährigen wird immer älter. Im Gegensatz dazu könnte die Lebenserwartung der jungen Generation, laut neuesten Studien, wieder abnehmen.

Wenn wir jetzt unser Sozialsystem aufrechterhalten wollen, dann braucht es weit reichende Veränderungen. Aus der Gesellschaft, in der sich heute hauptsächlich der Staat um die soziale Sicherung kümmert, muss eine stärkere Zivilgesellschaft werden. Die Verantwortung für soziale Aufgaben würde demnach wieder verstärkt in die Hände des Einzelnen gelegt werden. Privatpersonen und Vereine übernehmen freiwillig zusätzlich notwendige Aufgaben, die der Staat nicht mehr zur Gänze finanzieren wird können.

Das abhanden gekommene Gemeinwohl muss wieder reaktiviert werden. Eine starke "solidarische Gesellschaft" wird notwendig sein! Und dazu muss vor allem das Bürgerengagement weiter ausgebaut werden. Die Realität zeigt, dass in unseren Breiten für einen Großteil der Bevölkerung freiwilliges Engagement - nämlich eine soziale Tätigkeit mit fixem Stundenmaß - eher ein Fremdwort ist.

Eine umfassende Kultur des Gemeinwohls kann aber nicht verordnet, sondern muss gelebt werden. Das erfordert eine Umstellung von Prioritäten und Werten. Durch eine zeitgemäße Öffentlichkeitsarbeit, kluge Bewerbung von sozialer (Mit)arbeit und einer entsprechenden Sensibilisierung der Öffentlichkeit könnte der Anteil der sozial Engagierten gesteigert werden. Schon im Jugendalter, auch in den Schulen, muss damit begonnen werden, Menschen für freiwilliges Engagement zu interessieren und entsprechende Anreize zu schaffen.

Wir glauben, dass es höchst an der Zeit ist, das Thema des freiwilligen Engagements des Bürgers öffentlich zu diskutieren. Zu diesem Zweck veranstaltet das Rote Kreuz am 13. September das Symposium "Die Zukunft der Zivilgesellschaft". Das Thema soll umfassend und ohne Tabus aufgerollt werden. Jedes Szenario muss erlaubt, jede Möglichkeit durchdacht und überprüft werden. Es geht um unser aller Zukunft.

Fredy Mayer ist Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes und Vorsitzender der Zivildienstreformkommission.