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Die Personalentscheidungen im Innenministerium sorgten auch am Montag für Unmut in den Reihen der SPÖ. So stand die Kritik am Vorgehen von Innenminister Ernst Strasser im Vorfeld des Treffens der Parteivorsitzenden von ÖVP und SPÖ, Wolfgang Schüssel und Alfred Gusenbauer. Letzterer zeigte sich vor der Unterredung zwar skeptisch, aber weiter für alle Optionen offen. Ihre Entscheidung über Fortführung der Koalitionsgespräche will die SPÖ nach Neujahr treffen.
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Bevor die Weihnachtsruhe einkehrte, trafen sie sich zum Vier-Augen-Gespräch. Auskunftsfreudig gab sich davor nur einer: SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer. ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel hingegen wollte der Unterredung nichts vorwegnehmen. Und auch nach dem knapp dreistündigen Gespräch enthielt er sich einer Stellungnahme.
Skeptisch, aber für alle Optionen weiter offen, zeigte sich Gusenbauer. "Ich habe noch nie in meinem Leben eine Tür zugeschlagen", meinte er - und charakterisierte das Treffen mit Schüssel als "neutral bis freundlich". Problembereiche wie Staatsreform, Pensionen und Gesundheit seien die Themen gewesen. Dennoch: Keine Ergebnisse zu verlautbaren.
Nicht unberücksichtigt blieb ebenso die Absetzung des Wiener Polizeigenerals Franz Schnabl durch Innenminister Strasser, die Gusenbauer als Willkürakt bezeichnete. Dass aber Koalitionsverhandlungen an der Frage scheitern würden, war für den SPÖ-Vorsitzenden kaum zu erwarten.
Entgegen ersten Überlegungen werde Wiens Bürgermeister Michael Häupl Mitglied des SPÖ-Verhandlungsteams bleiben. Es werde dabei keine individuellen Entscheidungen geben, stellte Gusenbauer klar. Wie berichtet, will die SPÖ bei der Klausur des Präsidiums am 3. und 4. Jänner generell über die Fortführung der Koalitionsgespräche entscheiden.
Im Vorfeld des Treffens der Parteivorsitzenden war die Stimmung in der SPÖ dennoch getrübt - und die Kritik am Vorgehen Strassers nicht leiser geworden. Bundesgeschäftsführerin Doris Bures warf dem Innenminister einmal mehr "brutalen, parteipolitischen Postenschacher" vor.
Die anderen Parlamentsparteien mischten sich ebenso in die Debatte ein. Während die stellvertretende FPÖ-Klubobfrau Helene Partik-Pable das "vorweihnachtliche SP-Gejammer" kritisierte, kündigte der Grüne Sicherheitsheitssprecher Peter Pilz die Anwendung parlamentarischer Instrumente an. Geprüft werden Schritte bis hin zu einem Untersuchungsausschuss, der "Parteibuchwirtschaft und Säuberungen im Innenministerium" beleuchten solle. An Schüssel appellierte Pilz, die "Totalsäuberung" im Ministerium zu stoppen.
Ernst Strasser selbst verteidigte sein Personalpaket und äußerte Unverständnis für die Reaktion der SPÖ. Es habe ihn "nachdenklich gestimmt", dass die SozialdemokratInnen nicht die für die Zukunft notwendigen großen Reformen sondern "eine Personalfrage in der sechsten Hierarchieebene" in den Mittelpunkt gestellt hätten. Dabei wäre es "für Österreich gut", wenn es eine "große Reformkoalition" gäbe, meinte Strasser gegenüber der APA. Den Vorwurf, dass er mit der Abberufung Schnabls eine bewusste Provokation setzen wollte, wies der Innenminister abermals zurück.