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Im Kleiderschrank ist kein Holzbügel mehr für die neue lila Weste frei, im Buchregal lässt sich Martin Zusaks "Bücherdiebin" nur noch quer über die Rücken klemmen und vom Zeitschriftenkorb im Wohnzimmer reden wir lieber erst gar nicht.
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Wenn wir den Experten fürs "Space-Clearing" glauben, lässt sich fehlender Platz problemlos zurückgewinnen. Mehr noch, die neue Geräumigkeit soll einem sogar ein wunderbares Gefühl der Leichtigkeit verschaffen. Na, das wollen wir doch einmal sehen! Und zwar ganz flott bitte. Da kommt das nach Auskunft der Buchhändlerin absolut angesagte 7-Tage-Schnellprogramm von der Industriedesignerin Rita Pohle gerade recht.
Tag 1: Ratgeber lesen. Da Rita Pohles Buch "Weg damit!" ganz normal während der Arbeitswoche erprobt werden soll , ist Effizienz angesagt. Also das Buch "scannen", so ungefähr zumindest, es sind ja nur hundert Seiten im Kleinformat. Gleich zu Beginn erklärt die Stuttgarter Feng Shui-Expertin, dass Dinge pure Schwingung sind, dass sie blockieren, aber auch Kraft spenden können und dass man sie alle auf den Prüfstand stellen soll. Die Grundregeln zum Einstieg: Wir misten nur unsere Sachen aus, nicht die anderer. Alles, was wir nicht mögen, hat nichts in der Wohnung zu suchen. Kaputte Sachen werden sofort repariert oder entsorgt. Und last not least: An jedes Teil, das wir in der Hand halten, stellen wir drei Fragen - Brauche ich dich wirklich? Erleichterst du mein Leben? Machst du mich glücklich?
Tag 2: Kleinkram entrümpeln nach der Drei-Kisten-Methode. Zunächst soll der persönliche Kleinkram dran glauben. Neben der blauen Kommode im Flur mit den ureigenen Habseligkeiten stehen drei Kisten - eine für alles, was endgültig weg darf, eine für Dinge, die gut erhalten und wegzugeben sind (Flohmarktkiste), und eine "Schatztruhe" für das, was lieb und heilig ist (für den Keller oder einen würdevollen Platz in der Wohnung). Eine Dreiviertelstunde lässt sich an diesem Abend dafür freischlagen. Das Ergebnis: Zwei Kilo Elektroschrott, vorwiegend alte Akkus, Kleinradios und überholtes Handyzubehör, dazu aussortierte Bastelutensilien, alte Tischdeko und vertrocknete Malfarben. Hm, fühlt sich ganz gut an, die aufgeräumte Kommode. Der entstandene Platz bleibt frei. Mit Sicherheit kommt irgendwann ein neues Hobby und fordert Raum.
Tag 3: Aufräumen von außen nach innen: der Badezimmerschrank. Nun sollen wir uns, immer nach der Drei-Kisten-Methode, sukzessive weiter von außen nach innen vorarbeiten. Nachdem die Garderobe glücklicherweise erst neulich auf Herbst umgerüstet wurde, lauert hier kein Unrat. Der nächste Raum ist das Badezimmer, und das geht ebenfalls leicht von der Hand. Es werden lediglich die Medikamente, deren Haltbarkeitsdaten abgelaufen sind, aus der Schublade im Badezimmerschrank entfernt. Mehr Ballast gibt es nicht, weil in diesem Haushalt bezüglich Kosmetik schon seit längerem das Eins-reicht-Prinzip praktiziert wird: Jede bzw. jeder hat nur ein Parfüm, ein Haarshampoo, eine Gesichtspflegeserie etc. Die offenen Regale des Badschranks werden für eine (nur eine, bitte nicht zu viel Schnickschnack!) markante Dekoidee genutzt: eine große Muschel, in der Steine vom letzten Strandurlaub an hellere Tage erinnern, zum Beispiel.
Tag 4: Die Drei-Kisten-Methode im Kleiderschrank. Bis zur Hälfte eines jeden Schrankinhalts könne in der Regel sofort entsorgt werden, behauptet Rita Pohle. Im Kleiderschrank sei dies alles, was einem nicht mehr passt, und alles, was man mehr als ein Jahr nicht angehabt habe. Hm, die eigene Ausbeute an Dingen, die sofort weg können, besteht nach einem zweistündigen "Schrank-Clearing" und einer kompletten Buddha Bar-CD dann aber doch nur aus einem mittelgroßen Plastiksack. Denn die eigene Erfahrung lehrt, dass Dinge nach einem Jahr durchaus wiederbelebt werden, wenn sie plötzlich ein neues Kleidungsstück perfekt ergänzen. Die Drei-Kisten-Methode muss also modifiziert werden. Es gibt einen Sack für die Dinge, die sofort weg können, inklusive Sachen, die nicht mehr passen. In einem zweiten Sack sind ausrangierte schöne Stücke für Freundinnen. Der Rest bleibt im Schrank, auch die "Mehrjährigen". Das schöne grüne Chiffonkleid, das in den letzten drei Jahren erst zweimal zum Einsatz kam, soll ebenso weiter zur Verfügung stehen wie der sieben Jahre alte klassische schwarze Hosenanzug, mit dessen Blazer vor zwei Monaten ein akutes Kleidungsproblem genial gelöst werden konnte! Ein Ratschlag von Frau Pohle wird jedoch künftig befolgt: Für jedes neue Kleidungsstück, das kommt, wird ein altes gehen. Der gewonnene Platz wird für einen guten Winterwollmantel genutzt, der selten zum Einsatz kommt und sonst ungeschützt in der offenen Garderobe hängen würde. Die anderen zwei, drei leeren Bügel kommen weg. Dank der neuen Übersichtlichkeit erschließen sich schon bald ein paar ganz neue, witzige Kombinationsideen!
Tag 5: Weg mit Zeitungen und Zeitschriften! Für Zeitungen und Zeitschriften empfiehlt die Aufräumspezialistin Rita Pohle ebenfalls die Anwendung der Regel "Kommt eins, geht eins". Zuvor müssen aber noch die Altlasten verschwinden. Diese haben nach Space-Clearing-Erkenntnissen - ebenso wie alte Lernunterlagen - eine besonders blockierende Wirkung, weil sie als unerledigte Arbeit empfunden werden bzw. den Platz für Neues versperren. Darum kommt heute Abend sofort der überladene Korb im Wohnzimmer dran mit seinem etwa dreißigteiligen Ganzjahresmix aus "Vogue", "Elle", "Zoo Magazine", "Zeit", "A&W" usw. Wie Rita Pohle vorhergesagt hat, löst diese Weg-damit-Aktion tatsächlich eine ganz besonders große Erleichterung aus. Herrlich!
Tag 6: Weg mit Büchern! Schwieriger wird es mit den geliebten Büchern. Hierfür empfiehlt die Aufräumexpertin eine Art Vier-Kisten-Methode: In Kiste eins fürs Altpapier kommt zerfledderte Lektüre ohne Ewigkeitsanspruch; in Kiste zwei für den Keller kommen Bücher, die bleiben sollen, aber aktuell nicht benötigt werden; Kiste drei wird für Freundinnen oder Flohmarkt gefüllt; und "Kiste vier" ist das Regal mit den aktuellen Lieblingsbüchern. Hier kann man nach erfolgtem Aussortieren wieder die "Kommt eins, geht eins"-Regel anwenden - oder einmal im Jahr aussortieren.
Tag 7: Ordnung halten und Bilanz ziehen. Am siebten Tag dürfen wir ruhen, nachdem wir ein paar letzte Ordnungsregeln verinnerlicht haben: Zwischenräume zwischen Möbeln und in Ecken bleiben in Zukunft frei. Jedes aufzuräumende Ding wird nur einmal in die Hand genommen. Wir meiden Schnäppchenmärkte. Ab sofort kaufen wir weniger, dafür aber umso schönere und bessere Dinge.
Und wie sieht die Space-Clearing-Bilanz nach einer Woche aus? Es sind noch längst nicht alle Orte in der Wohnung beackert, man denke nur an die Küche oder die Korrespondenz im Schreibtisch. Eine gewisse Leichtigkeit hat sich aber dennoch eingestellt - vor allem dort, wo der gewonnene Stauraum frei bleibt. Das Fazit: Weitermachen!