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Spagat beim Konvent in Los Angeles

Von Henriette Löwisch

Politik

Washington (AFP) - Al Gore ist um den Spagat, der ihm kommende Woche bevorsteht, nicht zu beneiden: Unterschiedlichste Kräfte zerren am Konvent der Demokraten, bei dem der Vizepräsident in Los Angeles zum Kandidaten fürs Weiße Haus gekürt werden soll. Nicht nur muss er Hollywood-Stars und Demonstranten, Gewerkschafter und Vorstadt-Hausfrauen zu einem stimmigen Bild zusammenfügen.


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Klären muss er endlich auch sein Verhältnis zu seinem Chef. Gore will die Errungenschaften von Bill Clinton für sich in Anspruch nehmen, ohne mit dessen Skandalen in Verbindung gebracht zu werden. Er selbst ist der Öffentlichkeit noch immer eine Erklärung schuldig: Wer eigentlich ist der echte Al Gore?

Vieldeutig ist schon allein der Schauplatz des diesjährigen Konvents der Demokraten. Los Angeles ist bekannt als die Stadt des Smogs, der wuchernden Vororte, der ethnischen Vielfalt und der Freizügigkeit. Hier wurde John F. Kennedy 1960 zum Präsidentschaftskandidaten gekürt, hier verlebte Clintons Ex-Geliebte Monica Lewinsky ihre Jugend. Um die Wahlkampfkassen von spanischsprachigen Kandidaten zu füllen, hat die demokratische Kongress-Abgeordnete Loretta Sanchez zu einer Party in die Prunkvilla von Playboy-Verleger Hugh Hefner geladen - zum Schrecken der Berater von Gore.

Eigentlich ist der Parteitag den "arbeitenden Familien in Amerika" gewidmet, doch Hollywood lässt sich einfach nicht aus dem Bild drängen. Am Sonntag schauen die Clintons bei Barbra Streisand zum Brunch vorbei. Dafür singt die Schauspielerin am Donnerstag bei einer Wahlspenden-Gala im Shrine-Auditorium, das durch die Oscar-Zeremonien bekannt ist. Kennedys Tochter Caroline, sein Bruder Ted und seine Nichte Kathleen sprechen am Dienstag auf dem Parteitag - und ziehen anschließend weiter zu einer Party bei Arnold Schwarzenegger. Am Mittwoch moderiert Schauspieler Jimmy Smitts ("NYPD Blue") eine Diskussionsrunde über Krankenversicherung.

Allein die Frage, wie verhindert werden kann, dass die Clintons dem Vizepräsidenten beim Nominierungsparteitag die Schau stehlen, beschäftigt die demokratische Partei seit Wochen. Vereinbart wurde schließlich, dass der US-Präsident und seine Frau Hillary, die für einen Senatssitz in New York kandidiert, am Montag sprechen - wenn Gore selbst noch gar nicht in der Stadt ist. Am Dienstag treffen sich Noch-Präsident und Kandidat auf halbem Weg zwischen Ost- und Westküste im Bundesstaat Michigan zu einer symbolischen Stab-Übergabe. Die Show-Einlage stammt aus dem Repertoire des republikanischen Altpräsidenten Ronald Reagan und seines Vizes, des späteren Präsidenten George Bush.

Die Aufgabe, den Geist der Clintons auszutreiben, dürfte Joseph Lieberman zufallen, der am Mittwoch für die Vizepräsidentschaft nominiert werden soll. Der mit viel Witz gesegnete Senator, der den US-Präsidenten schon vor zwei Jahren wegen der Lewinsky-Affäre scharf rügte, ist wie kein Anderer geeignet, den Glanz der Clinton-Ära von den Schmutzrändern des Skandals zu befreien. Allerdings droht sich der linke Flügel der demokratischen Partei vernachlässigt zu fühlen, weil Lieberman fest in der Mitte verankert ist. Für den Fall gewalttätiger Proteste halten sich 3000 Nationalgardisten bereit. Gore wiederum bastelt an dem neuesten Image, mit dem er sich in die Herzen der Wähler spielen will. Auf dem Weg nach Los Angeles betont er seine Qualitäten als treuer Familienvater, seinen Einsatz für die hart arbeitende Bevölkerung, seinen Vietnam-Einsatz und seine Bodenhaftung als angeblicher Spross der amerikanischen Provinz. Anders als sein republikanischer Konkurrent George W. Bush hat Gore dem Publikum bislang noch kein stimmiges Bild seiner eigenen Persönlichkeit geboten. Das soll sich spätestens auf dem Konvent ändern: "Ich will, dass mich die Amerikaner als denjenigen kennen, der ich wirklich bin."