)
Madrid/Rabat - Spanien verstärkt weiter seine Truppenpräsenz vor der marokkanischen Küste und in seinen nordafrikanischen Besitzungen, um den Druck auf Marokko zu erhöhen. Dieses hatte den Felsen am Donnerstag besetzt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Nachdem sich auch am Montag im Streit um die von Marokko besetzte, vor der nordafrikanischen Küste gelegenen Felseninsel "Perejil" (Petersilie) keine Lösung abzeichnete, schickte Madrid zwei weitere Fregatten in die Region. Die jeweils rund 140 Meter langen Schlachtschiffe sind mit Boden-Luft-Raketen, Torpedos und Kampfhubschraubern ausgestattet. Zuvor waren bereits zwei kleinere kanonenbestückte Korvetten und etliche Patrouillenboote der Marine und der spanischen Küstenpolizei in Marsch gesetzt wurden. An Bord dieser Armada befinden sich knapp 1.000 Soldaten.
Spaniens neue Außenministerin Ana de Palacio schloss jedoch zunächst eine bewaffnete Intervention auf der Insel aus. Regierungschef Jose Maria Aznar bekräftigte derweil in einer Rede zur Lage der Nation den spanischen Besitzanspruch auf "Perejil". Spanien lasse sich "nicht vor vollendete Tatsachen stellen", Marokko müsse die Insel unverzüglich räumen. Aznar deutete an, dass Spanien den diplomatischen und wirtschaftlichen Druck auf Marokko erhöhen werde, wenn sich die Soldaten nicht von der Insel zurückzögen. "Wenn es nötig ist, verzichten wir auf kein legitimes Mittel", sagte der für Sicherheitspolitik zuständige Staatssekretär Pedro Morenes am Montag in der spanischen Nordafrika-Exklave Melilla. "Wir werden die verschiedenen Stufen der Diplomatie befolgen, bis Druckmaßnahmen jeder Art erreicht sind." Er ergänzte: "Und ich sage jeder Art."
Spanien ist zusammen mit Frankreich der wichtigste Handelspartner Marokkos. Auch die EU verschärfte am Montag ihren Ton: "Wir sind solidarisch mit unseren spanischen Freunden", erklärte die EU-Kommission und bezeichnete die Insel als "Territorium der Union". Je länger die Besetzung dauere, um so mehr könne dies den Beziehungen zur EU schaden. Europa ist der wichtigste Geldgeber von Entwicklungs- und Aufbauhilfe für Marokko. Zudem gehen drei Viertel der marokkanischen Exporte in die EU, und mehr als die Hälfte der marokkanischen Importe kommen aus der Union.
Marokkos Außenminister Mohammed Benaissa machte Spanien derweil keine Hoffnung auf ein schnelles Nachgeben. Er wundere sich über die Aufregung in Europa, schließlich habe sein Land mit den zehn Soldaten auf der Insel Perejil "nicht Spanien besetzt". Marokko sei an einem Dialog interessiert, der "verschiedene ungelöste Probleme, auch die Insel Perejil" umfassen sollte. Ein Hinweis darauf, dass Marokko auch über die anderen spanischen Besitzungen in Nordafrika sprechen will: Dort hält Madrid die beiden Garnisionsstädte Ceuta und Melilla sowie insgesamt sechs Inseln.
Von dem Generationswechsel auf dem Thron in Rabat war erwartet worden, dass mehr Demokratie, mehr Diplomatie und mehr Wohlstand nach Marokko kommen. Doch die Herrschaft des jungen Königs Mohammed VI. beschränkte sich bislang auf populistische Gesten. Perejil ist wohl nur eine weitere davon. Wem sie nützen soll, fragt man sich diesseits und jenseits von Gibraltar vergeblich.