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Spanien wieder im Griff der Gewalt

Von WZ-Korrespondent Günther Bading

Europaarchiv

Zwei Polizisten leicht verletzt. | Die Spur führt nach Portugal. | Madrid. Um halb vier Uhr morgens bebten im Stadtviertel San Fausto von Durango die Wände. "Selbst mein Bett hat gewackelt", berichtet ein aufgeregter Bewohner der Straße Urkiaga-Torre. "Ich habe die Nase voll von diesen Terroristen", sagt sein Nachbar José Segura. Niemand dachte bei den Erschütterungen an etwas anderes, als eine Bombe, etwa an ein Erdbeben. Nicht im baskischen Durango, das schon zehn Mal Schauplatz von ETA-Anschlägen war.


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Die Bombe, die in der Nacht in der 27.000 Einwohner zählenden Stadt explodierte, war laut Angaben des spanischen Polizeichefs Joan Mesquida zwischen 80 und 100 Kilogramm schwer. Sie war in einem Kleinlieferwagen untergebracht und wurde mit einem Funkzünder zur Detonation gebracht. Unüblich für die ETA, die sonst Zeitzünder verwendet.

Beinahe wäre der Anschlag sogar verhindert worden. Der Wachhabende der Guardia Civil hatte am Bildschirm der Überwachungskamera beobachtet, wie der Citroën gegenüber dem Hintereingang des Guardia Civil-Gebäudes geparkt wurde. Als er erkannte, dass der forteilende Fahrer eine Gesichtsmaske trug, drückte er den Sicherungsknopf, der einen Störsender aktiviert, mit dem Funkzündungen unterbunden werden können. Zu spät, die Auto-Bombe explodierte und richtete an 16 Häusern erheblichen Schaden an. Zehn geparkte Autos wurden schwer beschädigt, der Lieferwagen völlig zertrümmert. Zwei Guardia Civil-Beamte erlitten leichte Verletzungen.

Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba warnte seit Wochen, dass mit einem ETA-Attentat zu rechnen sei. Die Terroristen hatten am 5. Juni ihren Waffenstillstand mit dem spanischen Staat für beendet erklärt, nachdem die Regierung ihrerseits als Folge eines Sprengstoffattentats auf das Parkhaus des Madrider Flughafens am 30. Dezember den so genannten "Friedensprozess" mit ETA für beendet erklärt hatte.

Noch am Tag vor dem Anschlag von Durango hatte der Sekretär der Sozialistischen Partei in der baskischen Provinz Biskay, Miguel Buen, erklärt, seine Partei werde zu den Friedensverhandlungen mit der Terrorgruppe zurückkehren. Allerdings nur dann, wenn Aussicht auf Erfolg bestehe.

Die ETA weicht aus

Ein Detail, das Polizeichef Joan Mesquida bekannt gab, beunruhigt die Sicherheitsbehörden. Der Fluchtwagen, mit dem die ETA-Terroristen den Tatort verließen, hatte ein portugiesisches Kennzeichen. Es scheint, als wolle die ETA im Nachbarland eine Logistik aufbauen. Erst am 22. Juli hatten ETA-Terroristen zwei Kilometer vor der portugiesischen Grenze ein Auto mit 130 Kilo Sprengstoff zurückgelassen, als die Guardia Civil sie überprüfen wollte. Auch dieses Auto war in Portugal zugelassen.