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Spaniens Justiz beschäftigt sich doch mit Bürgerkriegs-Verbrechen

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Bombardierungen Barcelonas durch italienische Piloten werden untersucht.


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Barcelona. Vor drei Jahren wurde der bekannte spanische Richter Baltasar Garzon, der die während des Spanischen Bürgerkriegs begangenen Verbrechen untersuchen wollte, vom Höchstgericht in seinem Vorhaben gestoppt und wegen Rechtsbeugung von seinem Richteramt suspendiert. Eine Amnestie aus dem Jahr 1977 habe die Verbrechen der Jahre 1936 bis 1939 außer Strafe gestellt, argumentierten Spaniens Höchstrichter damals. Jetzt hat das Provinzialgericht in Barcelona aber die Archivierung eines Verfahrens gegen 21 italienische Kampfpiloten, die die katalanische Hauptstadt zwischen 1937 und 1939 bombardierten und dabei rund 5000 Zivilisten töteten, aufgehoben.

Die Klage hatte die "Organisation Anderes Italien" eingebracht, eine Gruppierung linker Italiener, die in Barcelona leben. Unter anderem stützt sie sich auf die Aussagen von Alfons Canovas, dessen Vater am 19. Jänner 1938 in seinem Garten neben einer Bahnstrecke durch die Bombardierung starb und jene von Anna Raya, die am 1. Oktober 1937 durch eine Bombe verletzt wurde, die auf ihre Schule fiel. Anna Raya war damals acht Jahre alt.

Die Kläger weisen darauf hin, dass es Hauptziel der Angriffe war, Terror unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten. Das gehe aus einem Telegramm des italienischen Außenministeriums an General Berti hervor, den Chef der italienischen Truppen in Spanien. Darin hieß es, die Luftstreitkräfte auf den Balearen würden verstärkt, um die rote Nachhut und speziell städtische Zentren in Schrecken zu versetzen.

Anders als die frankistischen Verbrechen im Bürgerkrieg fallen die italienischen Angriffe nicht unter die 1977 erlassene Amnestie. In Italien wurden diese Verbrechen nie strafrechtlich untersucht und juristisch aufgearbeitet, obwohl die Angriffe schon damals eine Verletzung der Haager Konvention von 1899 und 1927 darstellten. Darin wurden Angriffe und Bombardierungen von unverteidigten Städten und Dörfern verboten.

Dazu kommt, dass Italien formell nie irgendeinen Krieg in Spanien erklärt hat, für die Flieger Decknamen benutzte und die Kennzeichnung der Flugzeuge verbarg.

Die Einsätze der italienischen Luftwaffe erfolgten zwischen dem 13. Februar 1937 und dem 29. Jänner 1939 von Mallorca aus, wo das Corps der italienischen Fliegerlegionäre stationiert war. Laut Klage nahmen daran rund 6000 Kämpfer mit 759 Flugzeugen teil, die mehr als eine Million Kilo Bomben auf Barcelona abwarfen.

Ursprünglich war die Klage zurückgewiesen worden, weil es keine Identifizierung der Piloten gab. Jetzt hat das Gericht in Barcelona entschieden, dass die Nicht-Identifizierung keinen Grund darstelle, nicht zu untersuchen. Nur wenn sichergestellt sei, dass die Täter bereits verstorben sind, dürfe der Fall archiviert werden.

Jetzt soll die Zusammenarbeit mit dem italienischen Justizministerium gesucht werden, das feststellen soll, ob noch in die Bombardierung involvierte Piloten leben und wo sie sich aufhalten.