Als erste EU-Bürgerinnen und -Bürger, die über die Annahme der europäischen Verfassung abstimmen werden, sind am Sonntag 34,6 Millionen Spanierinnen und Spanier zu den Urnen gerufen. Die mehrheitliche Zustimmung zu dem Vertragswerk gilt als sicher, doch die Regierung in Madrid befürchtet eine niedrige Wahlbeteiligung.
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Am Ausgang des Referendums gibt es kaum Zweifel. Nach jüngsten Umfragen wollen fast vier Fünftel der Spanierinnen und Spanier der EU-Verfassung zustimmen. Doch die Wahlbeteiligung könnte niedriger als in den letzten dreißig Jahren der noch jungen spanischen Demokratie sein: 40 bis 45 Prozent. Und das obwohl die Regierung in Madrid mit Unterstützung zahlreicher europäischer Politiker massiv Werbung für das Vertragswerk gemacht hatte.
Spanien hat von seinem Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft im Jahr 1986 enorm profitiert. Rund 105 Milliarden Euro flossen in den knapp 20 Jahren aus Brüssel in die spanische Wirtschaft, allein im Jahr 2002 waren es fast 8,9 Milliarden Euro. Der Modernisierungsprozess ist nicht zu übersehen. Von zehn Kilometern Autobahn sind in Spanien vier von der EU finanziert, betont denn auch Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero immer wieder.
So ist es auch kein Zufall, dass das erste Referendum - von wahrscheinlich zehn Abstimmungen - in einem europafreundlichen Land durchgeführt wird. Die europäischen Regierungen erhoffen sich von einer breiten Zustimmung Vorbildwirkung auch für andere Staaten. Denn die Skepsis gegenüber der EU-Verfassung ist in Dänemark und Großbritannien etwa weit größer. Auch in Frankreich gewinnen die Gegner des Vertragswerks immer mehr an Boden.
Volksabstimmungen sind in diesem Halbjahr in den Niederlanden, Portugal und Frankreich angesetzt, später in Irland, Luxemburg und Polen. In Großbritannien, Tschechien und Dänemark ist das Volk erst im kommenden Jahr zu den Urnen gerufen. Die belgische Bevölkerung wird - anders als ursprünglich geplant - nicht befragt. Das Parlament in Brüssel stimmte gegen eine entsprechende Gesetzesvorlage.