Zum Hauptinhalt springen

Spanische Sitten

Von Stefanie Holzer

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Bei knapp 30 Grad im Schatten kann der Mensch nicht ausgehen. Wie in Spanien sind tagsüber alle Luken dicht und erst in der Nacht setzt man den Fuß vor die Tür. Der "Tatort" (Sonntag in der ARD), den unsereins noch immer gern anschaut, wiewohl der ORF keine Lust mehr hat, sich anzustrengen, ein- oder zweimal im Jahr einen ordentlichen Krimi zu produzieren, schien da als ideales Vorprogramm.

"Bienzle und der Taxi-Mord" hieß es aus der guteingeführten Drehbuchfeder von Felix Huby und so war es dann auch: Ein Taxifahrer wurde erstochen. Warum? Der größte Stuttgarter Taxiunternehmer wollte ein kleineres Unternehmen schlucken und hat deswegen einen Brutalinski engagiert, der mit einem Messer alle Hindernisse (drei Taxler!) aus dem Weg räumte. Ach ja, dem Taxigroßunternehmer hatte es überdies die Gattin des Kleinunternehmers angetan.

Die einzig wirklich wunderbare Szene war die, als Bienzle unter der Aufsicht seiner Hannelore einen Anzug kaufen sollte. Der Verkäufer sagt: "Der ist ja wie für Sie gemacht. Ich trag den auch!" Darauf Bienzle trocken: "Dann ist er ja vielleicht eher für Sie gemacht?"

Der ganze Krimi allerdings konnte damit nicht mithalten, nicht in den Dialogen, schon gar nicht, was die Handlung anlangte. Der Unterhaltungswillige lässt sich ja alles Mögliche einreden, aber als wir der Hitze wegen nach spanischer Sitte um 22 Uhr ausgingen und die Taxis in der abendlichen Stadt herumschwirren sahen, kam mir diese schwäbische Übernahmegeschichte doch erheblich ausgedacht vor.