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Spannung steigt vor Verleihung

Von Pierre-Henry Deshayes

Politik

Kofi Annan und die UNO erhielten ihn vor zwei, Ex-US-Präsident Jimmy Carter im vorigen Jahr. An diesem Freitag gibt das Nobel-Komitee in Oslo den Namen des Friedensnobelpreisträgers 2003 bekannt. Trotz der Rekordzahl von 165 Nominierungen ist völlig offen, wer die weltweit bedeutendste politische Auszeichnung in Empfang nehmen darf. Unter Experten gelten der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel und Papst Johannes Paul II. als heiße Favoriten. Außenseiterchancen auf die mit umgerechnet 1,11 Mill. Euro dotierte Auszeichnung werden den Regierungskritikern Oswaldo Payá aus Kuba und Hashem Aghajari aus dem Iran eingeräumt.


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Die fünf Mitglieder des Auswahlkomitees haben es in diesem Jahr besonders schwer, erläutert der Leiter des Osloer Instituts für Friedensforschung, Stein Toennesson. Keiner der politischen und geistigen Führer der Welt habe sich so hervorgetan, dass seine Auszeichnung unumgänglich sei. Beste Chancen habe Johannes Paul II. wegen seiner offenen Ablehnung des Irak-Krieges, meint Toennesson. Damit habe er verhindert, dass aus der US-Intervention im Irak ein "Kreuzzug" werde, der den Graben zwischen Christenheit und Islam vertiefe. Auch sein angeschlagener Gesundheitszustand spräche für das bereits mehrfach nominierte Kirchenoberhaupt. Posthum kann der Preis seit 1974 nicht mehr vergeben werden.

Sehr gute Aussichten auf den mit beachtlichem Renommee verbundenen Friedenspreis hat nach Einschätzung des US-Experten Irwin Abrams Tschechiens Ex-Präsident Havel. "Das ist der Mann des Jahrhunderts, niemand, der nur in den vergangenen ein, zwei Jahren etwas geleistet hat. Havel inspiriert", sagt Abrams. Ähnlich hatten es zuvor bereits zahlreiche Preiskomitees in aller Welt gesehen: Für seine Rolle in der tschechischen Dissidentenbewegung und während der "Samtenen Revolution" von 1989 wurde Havel mehrfach geehrt, zuletzt erhielt er den indischen Gandhi-Friedenspreis.

Brasilien, Kuba oder Iran?

Ebenfalls ganz gut im Rennen liegt der brasilianische Präsident Luiz Inácio "Lula" da Silva. Bei seinem Versuch, die sozialen Ungleichheiten seines Kontinentes zu überwinden, könne Lula Unterstützung "gut gebrauchen", meint Experte Toennesson. Gegen den einstigen Gewerkschafter an der Spitze des größten südamerikanischen Landes spräche allerdings, dass er vor allem durch seine Wirtschafts- und Sozialpolitik Hoffnungen wecke und weniger durch konkretes Friedensengagement.

Ein deutliches politisches Signal wäre die Auszeichnung des kubanischen Regierungskritikers Payá, nachdem Revolutionsführer Fidel Castro in diesem Jahr wieder auf einen harten Kurs gegen seine politischen Gegner umgeschwenkt war und mehrere von ihnen ins Gefängnis werfen ließ. Zur Förderung von Demokratisierungsbestrebungen im Iran könnten sich die Nobelkomitee-Mitglieder auch dazu entschließen, den Dissidenten Hashem Aghajari zu ehren. Beide Kandidaten haben den Vorteil, dass ihre Würdigung in den USA wohlwollend aufgenommen würde. Die Preisentscheidungen der beiden Vorjahre waren weithin als Kritik an der unilateralen Politik von US-Präsident George W. Bush aufgefasst worden.

Oder gar nicht?

Theoretisch könnte sich das Komitee 102 Jahre nach der ersten Preisverleihung mangels geeigneter Kandidaten aber auch dazu durchringen, den Friedensnobelpreis 2003 in der Schublade zu lassen. Diese Entscheidung gilt allerdings als unwahrscheinlich.