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Am Freitag fand im Iran die Stichwahl im Rennen um das iranische Präsidentenamt zwischen dem Teheraner Bürgermeister Mahmud Ahmadi Nejad und dem Herausforderer Ali Akbar Hashemi Rafsandjani statt. Letzten Umfragen zufolge dürfte Letzterer die Wahl für sich entscheiden.
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Eine der turbulentesten Wochen seit der Gründung der Islamischen Republik 1979 ist am Freitag (die iranische Woche beginnt am Samstag) in Teheran zu Ende gegangen. Noch nie gab es so heftige Auseinandersetzungen innerhalb der Staatsspitze. Anlass für die Diskussionen war das überraschend gute Abschneiden des Teheraner Bürgermeisters Ahmadi Nejad. Fast alle Kandidaten zweifelten an der Legitimität der Wahl, als bekannt wurde, dass Teile der Miliz, der Revolutionären Garden und das Umfeld des Wächterrates - das wichtigste Entscheidungsgremium im Iran - maßgeblich am Erfolg Ahmadi Nejads beteiligt gewesen waren. Der drittplatzierte Karroubi hatte mit seinem Brief an Khamenei, in welchem er von belegbaren Manipulationen sprach, für eine Welle der Empörung gesorgt.
Der geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, stellte am Freitag klar, dass die Wahlen völlig korrekt wären und verbat sich jegliche Missstimmung. Auch das endgültige Ergebnis der Stichwahl - vermutet ein hochrangiger iranischer Politiker - werde davon abhängen, ob es "unscheinbare Beeinflussung" von außen gibt oder nicht. Wesentlich ist auch die Wahlbeteiligung. Überraschend ist die Tatsache, dass der scheidende Präsident Mohammad Khatami am Donnerstag eine indirekte Wahlempfehlung abgegeben hat. So appellierte Khatami ohne Namen zu nennen an einen nationalen Schulterschluss gegen den Extremismus und rief die Iraner auf, wählen zu gehen.
Rafsandjani klar voran
Der Herausforderer Rafsandjani hat sich in dieser Woche intensiv um die Jugend bemüht. Er versprach mehr Freiheiten, Hilfestellungen für arbeitslose Frauen und eine Modernisierung des Gottesstaates. Ungewöhnlicherweise verzichtete er bei den Gesprächen erstmals auf seinen weißen Turban und gab sich moderat und volksnah. Bei zahlreichen Ansprachen und Diskussionen unterstrich er die Bedeutung seiner Kontakte im Ausland. Nach Bekanntwerden der ersten Hochrechnungsergebnisse gestern Abend gab sich der 70-jährige siegessicher. Er dürfte vor allem auch von dem Umstand profitieren, dass sämtliche Gruppierungen der Reformer sich für ihn einsetzen. Letzte Umfragen ergaben, dass Rafsandjani mit 68 Prozent der Stimmen klar vor Ahmadi Nejad lag.
Jugend fürchtet
um ihre Freiheiten
Mit besonderem Interesse verfolgt Irans Jugend den Ausgang der Wahl. Viele bezeichneten einen möglichen Präsidenten Ahmadi Nejad als "Rückschritt ins Mittelalter" und hoffen auf Rafsandjani. Unter Khatami wurden der jungen Bevölkerung zahlreiche Freiheiten, wie etwa das Tragen verschiedenfarbiger Kopftücher oder kurzer Hosen eingeräumt, die der Teheraner Bürgermeister im Falle seiner Wahl auf keinen Fall goutieren will.
Ahmadi Nejad verkündete gleich nach der Bekanntgabe der Ergebnisse letzte Woche, dass nur ein Teil des Weges zurückgelegt wurde und erst der Sieg bei der Stichwahl die Krönung wäre. Er verlässt sich bis zur Verkündung des endgültigen Ergebnisses der Stichwahl auf jene Iraner, die aus einfachen Kreisen stammen und erzkonservativ sind. Glaubt man jedoch den Trends, so hat Ahmadi Nejad kaum Chancen.