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Spannung vor der Stichwahl in Chile

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Drittplatzierter des ersten Wahlgangs und Präsidentin Bachelet für Frei. | Anhänger von Marco Enriquez Ominami sind wahlentscheidend. | Wien/Santiagode Chile. Die Stichwahl um das Präsidentenamt in Chile am kommenden Sonntag wird spannender als zunächst erwartet. Wurde nach dem ersten Wahlgang am 12. Dezember, aus dem der rechtskonservative Milliardär Sebastian Pinera mit 44 Prozent als klarer Favorit hervorging, allgemein mit einem Machtwechsel gerechnet, so zeigen die letzten Umfragen ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Pinera und dem Kandidaten der Regierungskoalition Concertacion, dem christdemokratischen Ex-Präsidenten Eduardo Frei.


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Frei hatte im ersten Wahlgang knapp 30 Prozent der Stimmen erreicht. Dritter war mit 20 Prozent der aus dem Regierungslager ausgetretene Sozialist Marco Enriquez Ominami geworden. Wenige Tage vor der Wahl hat Ominami seine Anhänger aufgefordert, ihre Stimme Frei zu geben. "Der Kandidat des Volkes sollte unterstützt werden, denn es bestehe die Gefahr, dass die Rechte Chile in seiner Entwicklung bremse", sagte Ominami. Es sei seine Verantwortung, mit aller Kraft dazu beizutragen, dass das nicht passiert. "Uns trennt eine unversöhnliche Kluft von der rechten". Die Anhänger Ominamis könnten letzten Endes den Ausschlag dafür geben, dass es zu keinem Machtwechsel kommt.

Auch die scheidende Präsidentin Michelle Bachelet, die mit 83 Prozent Zustimmung ein Popularitätshoch verzeichnet, aufgrund der chilenischen Verfassung aber erst wieder bei kommenden Wahlen antreten kann, hat eine klare Wahlempfehlung für Frei abgegeben. Frei sei eine ehrenwerte Persönlichkeit. Er habe sich, als er in die Politik ging von allem Anfang an von seinen Geschäften getrennt, sagte Bachelet. Das wird in Chile als Spitze gegen den Kandidaten der Rechten, Sebastian Pinera, verstanden, der wegen seiner verflochtenen Wirtschaftsinteressen auch als Berlusconi Chiles bezeichnet wird und in der Vergangenheit auch schon wegen Betrugsvorwürfen und Insiderhandels vor Gericht stand.

Erste Wahl nach Pinochet-Tod

Im ersten Präsidentenwahlkampf nach dem Tod von Ex-Diktator Augusto Pinochet spielten auch Fragen der Verwicklung der Kandidaten in die Diktatur eine Rolle. Zwar kann Pinera von sich behaupten, in den letzten Jahren des Pinochet-Regimes auf Distanz zu dem Diktator gegangen zu sein. Das gilt jedoch nicht für einen wesentlichen Teil seines politischen Umfelds.

Kurz vor dem ersten Wahlgang im Dezember war zudem erneut thematisiert worden, dass der Vater Eduardo Freis, der frühere Präsident (1964-1970) Eduardo Frei Montalva, im Jahr 1982 nach einer harmlosen Operation im Spital vergiftet worden war. Hinter dem Mord werden führende Kräfte des Pinochet-Regimes vermutet.