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Spannungen unter Palästinensern verschärfen sich

Von Karin Laub und Diaa Hadid

Politik

Hamas und Fatah zeigen zunehmende Härte gegen die jeweils andere Seite. | Ramallah. (ap) Die rivalisierenden Führungen der Palästinenser im Westjordanland und im Gaza-Streifen gehen in den letzten Monaten mit zunehmender Härte gegen Oppositionelle und Kritiker vor. Damit vertieft sich noch eine Spaltung, die die Entstehung eines palästinensischen Staates vereiteln könnte, selbst wenn die nun beginnenden Friedensgespräche mit Israel unwahrscheinlicherweise Erfolg hätten.


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In jüngsten Berichten palästinensischer Menschenrechtsgruppen zeigt sich eine erstaunliche Übereinstimmung in der Art und Weise, wie die Regierung von Präsident Mahmod Abbas im Westjordanland und die Führung der Hamas im Gazastreifen mit der jeweils anderen Seite umspringen. Willkürliche Verhaftungen, Reiseverbote und Ausschluss aus dem öffentlichen Dienst für politische Gegner sowie Unterdrückung oppositioneller Medien gibt es den Angaben zufolge hier wie dort. In den Gefängnissen im Westjordanland wie im Gaza-Streifen werden Insassen geprügelt und in schmerzhaften Stellungen gefesselt.

Die Hamas und Abbas' Fatah sind einander spinnefeind, seitdem die Radikalislamisten 2007 im Gaza-Streifen an die Macht kamen. In den vergangenen Monaten indes versuchen beide, ihr jeweiliges Territorium stärker in den Griff zu bekommen. Erst vorige Woche sprengten Sicherheitsbeamte im Westjordanland eine Zusammenkunft unabhängiger Kritiker der neuen Friedensverhandlungen mit Israel, ungeachtet der Beteuerung der Regierung, nur gegen gefährliche Militante vorzugehen. In Gaza treibt die Hamas ein Gesetz voran, von dem befürchtet wird, dass die angesehene Unabhängige Palästinensische Menschenrechtskommission gekapert und zum Schweigen gebracht werden soll.

Sicherheitskräfteübernehmen die Macht

"Im Westjordanland wie im Gazastreifen steuern wir auf ein Regime zu, in dem die Sicherheitskräfte sich in alles einmischen", sagt Shahwan Jabareen von der Menschenrechtsgruppe Al-Hak. Für den 21-jährigen Assad Saftaui bedeutete das vier Festnahmen, weil er in einem Artikel die Hamas wegen der Besteuerung von Zigaretten kritisiert hatte. Den Herzpatienten Mohammad Nahhal, einen Fatah-Funktionär, ließ die Hamas nach seinen Angaben nicht zu einer Untersuchung nach Jordanien fahren, obwohl er schon eine Genehmigung Israels zur Ausreise aus dem Gazastreifen hatte.

Im Westjordanland beschwert sich der Producer des Hamas-freundlichen Senders Al-Quds TV, Nawaf Amr, dass seine Korrespondenten häufig schikaniert würden, Bänder abgenommen bekämen und zur Vernehmung zitiert würden. Der Hamas-Anhänger Munir Morie, ein 25 Jahre alter Zimmermann, berichtet, er sei im Frühjahr einen Monat lang gefoltert worden und leide noch immer an Gelenkschmerzen.

Beide Seiten haben gute Gründe, die andere kleinzuhalten. Abbas befürchtet, dass die Hamas auch das Westjordanland übernehmen könnte, und muss die Radikalen im Zaum halten, wenn er weiter internationale Unterstützung finden will. Die Hamas wiederum scheint zum einen wegen ihrer Isolation und zum anderen wegen ihres Fundamentalismus nach Innen zunehmend unduldsam zu werden.

Jeder Vorfall treibt den Keil tiefer und steigert die Feindseligkeit zwischen den beiden Hälften des erhofften künftigen Palästinas. Selbst wenn bei den Nahostverhandlungen etwas herauskommen sollte, sieht es nicht so aus, als ob das Ziel eines unabhängigen Staates unter diesen Umständen umgesetzt werden könnte.