Von Dienstag bis Donnerstag treten Pfleger in den Warnstreik.
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Wien. Mehr Geld, aber auch mehr Freizeit fordern die Gewerkschaften für die Sozialwirtschaft. Die vierte Runde der Kollektivvertragsverhandlungen zwischen diesen und den Arbeitgebern am Freitag der Vorwoche brachte allerdings keine Einigung - daher wird nun von heute, Dienstag, bis Donnerstag gestreikt. In rund 75 Betrieben an 150 Standorten treten Pfleger in den Warnstreik, außerdem will man in Betriebsversammlungen neue Streiks beschließen.
Von den Warnstreiks sind neben kleineren Organisationen auch Teile der SPÖ-nahen Volkshilfe, des ÖVP-nahen Hilfswerks, der Lebenshilfe sowie des "Kuratoriums Wiener Pensionistenwohnhäuser" betroffen. Ein einberufenes Streik- und Aktionsteam der Gewerkschaft organisiert und koordiniert die Maßnahmen, kündigte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, der stellvertretende GPA-Bundesgeschäftsführer Reinhard Bödenauer, an.
Kein Patient soll zu Schaden kommen
Bödenauer versicherte jedoch, dass Betreuung und Pflege garantiert seien. Kein Patient oder Klient werde zu Schaden kommen, sagte er. Beeinträchtigungen schloss er allerdings nicht ganz aus. In der Behindertenbetreuung sollen etwa Werkstätten vom Warnstreik betroffen sein. In der Pflege könnten Tagesbetreuungen ausfallen, und in der Küche könnte es einfachere Speisen mit kleineren Gerichten geben. Auch Teile der Kinderbetreuung werden laut Bödenauer ausfallen.
Die Gewerkschaft fordert eine 35-Stunden-Woche und eine sechste Urlaubswoche für alle sowie mehr als drei Prozent Gehaltserhöhung. Die von den Arbeitgebern zuletzt angebotenen 2,8 bis 3,0 Prozent reichen den Arbeitnehmervertretern nicht aus. Am 18. Februar soll weiterverhandelt werden. Im Vorjahr hatten sich beide Seiten nach Protesten und Warnstreiks erst nach sechs Verhandlungsrunden geeinigt.
Bödenauer sei sich dabei freilich bewusst, sagte er, dass die Arbeitgeber bis zu einem gewissen Grad von ihrem Geldgeber, der Politik, abhängig seien. Hier fehlen seiner Ansicht nach die Taten. Der Pflegeregress etwa ist für Heimbewohner abgeschafft worden - den Betrieben habe man aber nicht mehr Geld zur Verfügung gestellt.
Gegen weitere Sparmaßnahmen im Pflegebereich kämpfen an anderer Front die Apotheker. Im Vormonat wurde bekannt, dass Arzneien für Pflegeheime künftig vom Großhandel statt aus der Apotheke bezogen werden sollen, um die Aufschläge einzusparen und von günstigeren Großpackungen zu profitieren. Und zwar hätten die Partner im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit vereinbart, über das Thema Pflegeheim-Direktbelieferung zu diskutieren, heißt es dazu vom Gesundheitsministerium gegenüber der "Wiener Zeitung".
Berechnungen des Apothekerverbandes zufolge gebe es allerdings kaum Einsparungspotenzial, so die Apothekerkammer auf Nachfrage. Der jährliche Arzneimittelumsatz aller Pflegeheimbewohner betrage demnach rund 100 Millionen Euro. Die Apothekenspanne durch den Vertrieb von Medikamenten an die Pflegeheime belaufe sich auf 18,1 Millionen Euro, der erwirtschaftete Gewinn liege aber bei nur 3,6 Millionen Euro. "Die Leistungen, die diesen 18,1 Millionen Euro gegenüberstehen, müssten künftig direkt in den Pflegeheimen erbracht werden", heißt es von der Kammer. Die Kosten würden sich also lediglich verschieben. Die Vorteile beim Arzneimittelverkauf durch die Apotheken lägen klar auf der Hand. So würden durch einen Bezug über den Großhandel die Expertise und Beratung der akademisch ausgebildeten Pharmazeuten zum Beispiel zu Dosierung und Nebenwirkungen wegfallen.
"Der Bund müsste seine Gesetze anpassen"
Wie der Arzneimittelverkauf in Zukunft nun konkret gehandhabt werden soll, ist laut Gesundheitsministerium Gegenstand der Gespräche der Projektgruppe (beschickt von Bund, Ländern und Sozialversicherung) innerhalb der Arbeitsgruppe Versorgungsstrukturen. Diese seien noch nicht abgeschlossen. Der Bund müsste gegebenenfalls seine Gesetze wie Arzneimittel- oder Suchtmittelgesetz anpassen, die Länder müssten in ihren Pflegeheimgesetzen die Möglichkeit eines patientenunabhängigen Arzneimitteldepots regeln.
Ein Einsparungsvolumen könne nicht beziffert werden, heißt es weiter, weil man nicht von vornherein beurteilen könne, wie viele Pflegeheime von einer allenfalls künftigen Ermächtigung zum Direktbezug Gebrauch machen würden. Ganz auf den Apotheker verzichten will man aber offenbar nicht, denn, so das Ministerium: "Aus Sicht des Bundes wäre eine allfällige Ermächtigung zum Direktbezug aus Gründen der Qualitätssicherung und Patientensicherheit jedenfalls daran zu knüpfen, dass der Arzneimittelvorrat eines Pflegeheims regelmäßig durch einen Apotheker überprüft wird und dieser das Pflegeheim berät."
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