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"Sparer-Schutz ist EU-Sache"

Von Stefan Melichar

Europaarchiv
Banken in Österreich und Deutschland fürchten hohe Mehrkosten. Foto: bilderbox

Einlagensicherung ist laut Geheimpapier auf europäischer Ebene zu regeln. | Subsidiaritätsrüge durch Parlamente wenig aussichtsreich. | Wien.Wer gehofft hatte, nationale Parlamente würden die von der EU-Kommission geplante Reform der Sicherung von Bankeinlagen zu Fall bringen, könnte sich zu früh gefreut haben.


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Zwar hat der deutsche Bundestag vor wenigen Tagen mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Linksfraktion einen Einspruch gegen die umstrittene Regelung beschlossen. Eine fundierte Grundlage dafür sehen aber offenbar nicht einmal die parlamentseigenen Rechtsexperten.

Konkret wollen Union, FDP und Linkspartei den Mitte Juli vorgelegten EU-Gesetzesvorschlag durch eine sogenannte "Subsidiaritätsrüge" kippen. Gemäß Subsidiaritätsprinzip darf sich Brüssel nicht in Angelegenheiten einmischen, die die Mitgliedstaaten selbst genauso gut regeln können. Laut deutschen Abgeordneten ist dies hier der Fall, ein geheimes Papier des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags, das der "Wiener Zeitung" vorliegt, widerspricht jedoch.

Die Experten, die die Politiker durch Fachanalysen unterstützen sollen, haben am 4. Oktober - bereits drei Tage vor der entscheidenden Abstimmung - festgestellt, dass der Richtlinienentwurf zur Einlagensicherung weder gegen das Subsidiaritätsprinzip noch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt.

100.000 Euro gesichert

Die EU-Kommission will unter anderem die gesetzlich garantierte Einlagensumme auf 100.000 Euro pro Sparer vereinheitlichen. Sie merkt an, dass die - derzeit unterschiedlichen - Einlagensicherungssysteme zu einer Wettbewerbsverzerrung unter grenzüberschreitend agierenden Banken führen können. Dadurch, dass im Krisenfall Sparer große Summen von schlechter zu besser besicherten Instituten verlagern, sei die Finanzstabilität einzelner Staaten gefährdet. Eine Harmonisierung der Einlagensicherung wäre ein wichtiges Element des europäischen Binnenmarkts.

Die Experten des wissenschaftlichen Diensts halten dies für "überzeugend". Die Chancen auf den Erfolg der Subsidiaritätsrüge - oder einer späteren Klage vor dem Europäischen Gerichtshof - dürften damit noch geringer sein als angenommen.

Weiterer Knackpunkt ist, dass mindestens ein Drittel der Parlamente der 27 Mitgliedstaaten an einem Strang ziehen muss, um die EU-Kommission zu einer Überprüfung ihres Vorschlags zu zwingen. Als möglicher Mitstreiter Deutschlands gilt auch Österreich. Grund dafür ist der EU-Vorschlag, dass Banken über zehn Jahre hinweg insgesamt 1,5 Prozent der besicherten Einlagen in einen Sicherungsfonds einzahlen sollen.

Zieht Österreich mit?

Derzeit sind die heimischen Banken - wie manche deutsche - erst nach dem tatsächlichen Zusammenbruch eines Instituts verpflichtet, innerhalb ihres Sektors für die verlorenen Sparguthaben geradezustehen. Kommt die neue Regelung, müssten sie laut Nationalbank schon vorab 3,5 bis 4,5 Milliarden Euro in die Hand nehmen - eine Belastung, gegen die die Kreditinstitute Sturm laufen.

ÖVP-Abgeordneter und Sparkassen-General Michael Ikrath ließ im "Handelsblatt" mit der Überzeugung aufhorchen, dass die nötigen neun Staaten mitziehen würden. Die Kommission müsse ihren Entwurf grundlegend überarbeiten.