Zum Hauptinhalt springen

Sparer zahlen drauf

Von Sophia Killinger

Wirtschaft

Weltspartag im Zeichen von Rekord-Niedrigzinsen - Kapitalertragsteuer und Inflation fressen Erspartes auf.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Zuschauen, wie ihr Erspartes weniger wert wird. Das müssen viele Österreicher, denn die Sparzinsen am heutigen Weltspartag sind auf einem historischen Tiefstand. Zwar locken die Banken mit Geschenken wie Plüsch-Elchen, PC-Spielen und einem Funk-Helikopter in ihre Filialen, an Zinsen gibt es für die Kunden aber kaum etwas zu holen.

Für jederzeit behebbares Geld sind lediglich bis zu 1,15 Prozent Zinsen drinnen, bei den meisten Großbanken deutlich weniger. Vor einem Jahr waren noch bis zu 1,4 Prozent Zinsen auf täglich fälliges Geld möglich, teilt das Vergleichsportal durchblicker.at mit.

"Die höchsten Zinsen gibt es aufgrund schlankerer Kosten bei Onlinebanken. Kunden, die auf persönliche Beratung Wert legen, müssen sich mit geringeren Zinsen zufriedengeben", sagt Martin Korntheuer, Konsumentenschützer in der Arbeiterkammer (AK). Wie ein AK-Test unter 34 Banken und vier Bausparkassen ergeben hat, liegt der Zinssatz für ein jederzeit behebbares Sparbuch derzeit nur zwischen 0,02 (Erste Bank) und 0,60 Prozent (DenizBank, Mindestsparsumme 100 Euro). Bei täglich fälligen Online-Sparkonten sind 0,063 (Raiffeisen NÖ-Wien) bis 1,15 Prozent (Neukundenaktion der Santander Cosumer Bank) drinnen.

Erspartes länger zu binden lohnt sich kaum mehr

Zieht man die Kapitalertragsteuer (KESt) ab, bleiben maximal 0,863 Prozent Effektivzinssatz übrig - also höchstens 8,63 Euro pro Jahr bei 1000 Euro Einlage. Bei einer Inflation von zuletzt anhaltend um die 1,0 Prozent - bevor die Rate im September auf 0,7 Prozent gesunken ist - verlieren Sparer an Kaufkraft.

"Wer vor fünf Jahren 1000 Euro aufs Sparbuch gelegt hat, bekommt heute dafür nur 1025 Euro", rechnet der Geschäftsführer der Erste Asset Management, Thomas Schaufler, vor. Zwischen 2010 und 2014 haben die Österreicher aufgrund der Mini-Zinsen auf Spareinlagen gegenüber 2005 bis 2009 rund 24 Milliarden Euro an Zinsen verloren.

Selbst bei einer längeren Bindung ist der Wert nicht immer gesichert: Bei einem Kapitalsparbuch mit einer Laufzeit von drei Jahren liegen die Zinsen zwischen 0,25 (Bawag PSK, Bank Winter) und 1,65 Prozent (RCI Banque SA). Und auch bei dem bei den Österreichern beliebten Bausparen beträgt der effektive Zins, mit staatlicher Prämie, Spesen und nach Abzug der KESt, bei derzeitiger variabler Verzinsung nur 0,62 bis 0,7 Prozent.

Sparen lohnt sich kaum noch, die real verfügbaren Einkommen steigen nur moderat. Die Sparquote der österreichischen Haushalte sackte deshalb von Juli 2014 bis Juni 2015 auf 6,9 Prozent ab, 2014 lag die Quote bei 7,8 Prozent des verfügbaren Einkommens.

Höhere Zinsen nurbei mehr Risiko

"Wer höhere Zinssätze sucht, muss sich in den riskanteren Bereich vorwagen - mit der Gefahr, Kapital zu verlieren", sagt Korntheuer von der AK. Laut Erste Bank reagieren viele Kunden, die bereits ein Sparbuch und einen Bausparvertrag haben, auf das niedrige Zinsniveau und schichten Geld um, etwa in Fonds. Wegen der Gebühren lohne sich Fondssparen aber erst ab 100 Euro pro Monat - darunter sei ein Bausparer am sinnvollsten, sagt Erste-Bank-Vorstand Peter Bosek.

Nur 36 Prozent der 1000 im Auftrag von ING Diba befragten Österreicher ab 18 haben auf die länger anhaltende Niedrigzinsphase reagiert. Rund jeder Zweite davon spart weniger, 28 Prozent sind zu längerfristigen Anlagevarianten gewechselt. "Deutlich weniger sparen scheint für die meisten Österreicher keine Alternative zum derzeitigen Niedrigzinsangebot zu sein", so ING-Diba-Österreich-Chef Luc Truyens: "Das sehen wir auch bei unseren Kunden, wenngleich sich immer mehr für alternative Anlageformen wie etwa Fonds interessieren."

Trotz Mini-Zinsen halten die Österreicher Sparbuch und Bausparer die Treue. Auf den Sparkonten der Österreicher liegen rund 220 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Weil die Zinsen für gebundene Einlagen über zwei Jahre nur geringfügig über jenen für täglich fällige Einlagen liegen, wuchs heuer in den ersten sechs Monaten die Höhe der täglich fälligen Einlagen, während gebundene Guthaben geschrumpft sind.

Das in langfristigen verzinslichen Wertpapieren wie Bankanleihen veranlagte Geld sank zugunsten von Investmentfonds. Auch in Immobilien haben die Österreicher immer mehr Geld geparkt. Laut Marktforscher Gfk sind Immobilien hinter dem Bausparvertrag das zweitbeliebteste Anlageprodukt in Österreich.

Einige Banken haben bereits Girokonto-Zinsen gestrichen

Wer Schulden hat, sollte überlegen, den Kredit vorzeitig zu tilgen oder eine Sonderzahlung zu leisten, rät Korntheuer. Denn die ersparten Kreditzinsen seien höher als der Zinsertrag am Sparbuch. Kreditnehmer sollten sich aber informieren, ob bei einer vorzeitigen Tilgung Kosten entstehen. Strafzahlungen würden vor allem bei älteren Verträgen drohen.

Jeder Vierte lässt das Ersparte überhaupt am Girokonto liegen, wie eine Umfrage der Erste Bank ergeben hat. Hier ist ein Verlust vorprogrammiert, einige Banken gewähren gar keine Zinsen mehr.

Bessere Zeiten für Sparer sind nicht in Sicht: Das Wifo rechnet 2016 bis 2020 mit durchschnittlich 1,8 Prozent Inflation pro Jahr. Die Zinsen könnten laut Erste Bank frühestens 2017 steigen.