Schützenhilfe durch Memorandum, Athens Linksbündnis soll in Regierung.
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Athen. Von einer Trendumkehr in Griechenland zu sprechen ist noch zu früh. Dennoch können rund drei Wochen vor der nächsten Parlamentswahl die Euro-Befürworter aufatmen. Laut den meisten aktuellen Umfragen lag die konservative Nea Dimokratie von Antonis Samaras zuletzt mit 23,4 Prozent erstmals seit der gescheiterten Regierungsbildung Mitte Mai in der Wählergunst wieder vor dem linksgerichteten Parteienbündnis Syriza mit 22,1- wenn auch nur sehr knapp. Damit wächst die Chance, dass Griechenland die Staatspleite doch noch abwenden kann. Dazu braucht das Land Finanzspritzen, die es aber nur bekommen soll, wenn es die strengen Sparauflagen von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds einhält - eine Bedingung, die Alexis Tsipras und sein Sammelbecken von Eurokommunisten, Linkssozialisten, Trotzkisten und Grünalternativen bisher strikt ablehnte.
An diesem Streit ist die Regierungsbildung vor einem Monat gescheitert. Neuwahlen wurden notwenig. Beide Lager rittern nun um die Mehrheit am 16. und 17. Juni. Zu den wichtigsten Befürwortern des Sparkurses zählt neben der ND vor allem die sozialdemokratische Pasok, die von den Wählern bei den Neuwahlen Anfang Mai abgestraft worden war. Ein "Kabinett zur Abwendung der griechischen Staatspleite", wie ein Kommentator jüngst schrieb, könnte sich knapp ausgehen, wenn etwa die gemäßigte Linkspartei Dimar von Fotis Kouvelis mit im Boot ist. Derzeit kann Pasok laut dem Athener Institut GPO mit 13,5 Prozent rechnen.
Derweil hat sich der Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Hannes Swoboda, für eine Regierungsbeteiligung des radikalen Linksbündnisses Syriza auch für den Fall ausgesprochen, dass die Sparbefürworter eine Regierungsmehrheit ohne deren Stimmen zustande bringen.
Massendemos befürchtet
Angesichts der Lage in Griechenland sei eine Regierung auf möglichst breiter Basis notwendig, begründete der österreichische EU-Politiker am Mittwoch gegenüber der "Wiener Zeitung" seine Forderung. "Eine Partei dieser Größenordnung - die immerhin stärkste oder zweitstärkste Kraft im Land ist - auszuschließen, birgt die Gefahr einer weiteren Destabilsierung des Landes", warnte Swoboda. "Denn die Vermutung liegt nahe, dass die Syriza-Wähler dann auf die Straße demonstrieren gehen werden". Zur Frage, ob die Forderung nach einer Regierungsbeteiligung des Linksbündnisses auch eine Aufweichung der strikten EU-Sparauflagen für Griechenland bedeutet, meint Swoboda: "Adaptierungen muss man auf jeden Fall vornehmen, weil das Sparprogramm nicht zum Ziel geführt hat". Darüber seien sich innerhalb der EU viele mittlerweile einig. An der Notwendigkeit von Sparmaßnahmen werde aber nicht gerüttelt.
Rückendeckung erhielt der SPE-Fraktionschef am Mittwoch von mehreren europäischen Politikern und Intellektuellen. In einem Memorandum forderten sie von den europäischen Regierungschefs angesichts des Ringens um eine Regierungsmehrheit in Griechenland mehr Flexibilität und Kompromissbereitschaft. "Wir glauben, dass ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone eine wirtschaftliche und politische Katastrophe wäre", dem Land solle deshalb die Möglichkeit eingeräumt werden, zu einem nachhaltigen Wachstum innerhalb der Eurozone zurückzukehren. Zu den Unterzeichnern gehören Finnlands Ex-Präsident Martti Ahtisaari, Italiens Ex-Premeir Giuliano Amato, Frankreichs Ex-Außenminister Bernard Kouchner sowie Albert Rohan, Ex-Generalsekretär des Wiener Außenministeriums und Vizepräsident der -sterreichischen Gesellschaft für Europapolitik.