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Sparplan kippt, Schulden wachsen

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

Langfristig könnte Wiederaufbau Impuls für Wachstum sein. | Japan kurbelt seit Jahren Konsum mit Staatsausgaben an. | Überalterung und Exportabhängigkeit sind Sorgenkinder. | Wien. Statt des Pflänzchens Aufschwung brachte der März ein katastrophales Erdbeben. Die Wirtschaft des Inselstaates Japan war im Schlussquartal 2010 um 1,3 Prozent geschrumpft, die Industrieproduktion und die Exporte hatten aber zu Beginn dieses Jahres seit langem wieder angezogen. Die Erholung in den Schlüsselbranchen dürfte nun aber dahin sein: Stahlwerke, Raffinerien, Verkehrswege und Häfen liegen vorübergehend still. Rund um die Hafenstadt Sendai bangt man um den Fischfang und die Reisernte. Drastische Produktions- und Einnahmenausfälle könnten die Folge sein.


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Das auf den ersten Blick verheerende Unglück könnte sich langfristig jedoch zum Positiven wenden: Das zeigte zumindest die Vergangenheit. Wirtschaftsexperten weisen darauf hin, dass "creative destructions" bei hochentwickelten Volkswirtschaften Wachstumsimpulse brächten. "Der Gedanke dahinter ist, dass alte Produktionsstätten zerstört und mit neuer Technologie wieder aufgebaut werden", erklärt Japan-Experte Ingo Jungwirth von der Raiffeisen Zentralbank.

Neue Straßen undGebäude mit Staatsgeld

Parallelen bieten sich zum Erdbeben von Kobe im Jänner 1995 an. "Die Naturkatastrophe traf Japan damals - ähnlich wie heute - zu einem günstigen konjunkturellen Zeitpunkt. Die private Nachfrage und der Konsum lagen weit unter dem Produktionsvolumen", sagt Günther Hilpert von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Diese Lücke hat sich durch Investitionen des Staates in den Wiederaufbau geschlossen. Die Wirtschaft erlebte in den Monaten darauf zur Überraschung vieler einen Mini-Boom.

Auch dieses Mal ist der Staat als Geldgeber für neue Straßen, Brücken und Gebäude unabdingbar. Allerdings liegt Japans Staatsverschuldung heute bei 200 Prozent der Wirtschaftsleistung - doppelt so hoch wie vor zehn Jahren. In keinem anderen Industriestaat ist der Schuldenberg höher. Und die entscheidende Frage lautet: Wie soll der Wiederaufbau finanziert werden - zumal die japanische Regierung ursprünglich bis Juni einen rigiden Sparplan auf den Tisch legen wollte?

Die japanische Zentralbank kündigte zwar an, die Stabilität des Finanzmarktes zu gewährleisten und Liquidität bereitzustellen. Der Handlungsspielraum ist jedoch gering - die Leitzinsen liegen bereits jetzt bei 0 bis 0,1 Prozent. Es wird vermutet, dass die japanische Notenbank ihr Anleihen-Ankaufsprogramm möglicherweise ausweiten und dem Staat und der Wirtschaft so günstiges Geld zur Verfügung stellen wird.

Ökonom Hans Günther Hilpert befürchtet in diesem Zusammenhang allerdings, dass langfristig die sehr niedrigen Kapitalmarktzinsen steigen könnten. Seit Monaten stellen die Ratingagenturen dem Inselstaat die Rute ins Fenster: Moodys-Experten kündigten im Februar an, dass die aktuelle Bonitätsnote "AA2" ohne einen raschen Abbau des Schuldenberges langfristig nicht zu halten sei. Die Rating-Agentur Standard & Poors hatte ihre Note für japanische Staatsanleihen Ende Jänner auf "AA-" gesenkt.

Problem: Die Nachfrage ist schuldenfinanziert

Hauptursache für die hohe Verschuldung ist, dass Nippon seit Jahren durch hohe Staatsausgaben den Konsum anzukurbeln versucht - den Konsum, dem sich die privaten Haushalte entziehen. Der Grund für die schwache Binnenkonjunktur: Die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt steckt seit mehr als einem Jahrzehnt in der Deflation, einer Spirale aus fallenden Preisen und rückläufigen Investitionen. Die Konsumenten halten sich in Erwartung noch günstigerer Angebote mit Käufen zurück. Ebenfalls schwer auf dem Staatshaushalt und Sozialstaat lastet die Überalterung der Einwohner.

Japan mit einer Bevölkerung von knapp 128 Millionen Menschen war in den vergangenen Jahrzehnten die dominierende Wirtschaft Asiens, bis es 2010 von China überholt wurde. Die große Exportlastigkeit brachte es mit sich, dass das Land von der weltweiten Wirtschaftskrise stark getroffen wurde. Nach wie vor hinken die Ausfuhren "made in Japan" florierenden Zeiten hinterher. Schuld daran ist derzeit der starke Yen.