Ein Budget wird sein. Dabei sollen allein 2011 ganze 4,2 Milliarden Euro eingespart werden. Die Regierung hält sich ob konkreter Maßnahmen noch bedeckt, aber Kommentatoren wissen schon jetzt, dass Sparen gut ist und neue Steuern böse sind. Wirtschaftspolitisch macht es allerdings kaum Sinn, das zarte Konjunkturpflänzchen, kaum gesprossen, durch harte Einschnitte im Sozialbereich gleich wieder zu strangulieren. Jeder Euro weniger Sozialleistung heißt nämlich weniger wirtschaftliche Nachfrage.
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Außerdem wäre da noch die Frage nach sozialer Gerechtigkeit. Die kann es ohne Gerechtigkeit zwischen Frauen und Männern nicht geben. Deswegen können bei der Konsolidierungsdebatte so wesentliche Tatsachen wie der beharrliche Einkommensnachteil und die höhere Armutsgefährdung von Frauen ebenso wenig ausgeblendet werden, wie die Tatsache, dass Frauen den ganz überwiegenden Anteil an Haus, Betreuungs- und Versorgungsarbeiten leisten, die für die Gesellschaft vollkommen unverzichtbar sind. Aus frauenpolitischer Sicht braucht es daher ein Mehr, nicht ein Weniger beim Sozialstaat. Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern, die Frauen aufgrund ihrer schlechteren wirtschaftlichen Position wenig treffen würden, wären dringend notwendig.
Fraglos gibt es Bedarf an Umgestaltung im Budget. "Gender Budgeting", erfreulicherweise nunmehr in der Verfassung verankert, wäre ein Ansatz dafür. Allerdings bleibt dabei ausgeblendet, wie viel Geld ein bestimmter Bereich überhaupt bekommt. Ob Straßenbau, Steuergeschenke an Unternehmen, noch mehr Geldleistungen an Familien oder lieber doch Investitionen in die Zukunftsbereiche Bildung, Kinderbetreuung und Pflege - das sind frauenpolitisch hochrelevante Entscheidungen. Die letzteren drei Bereiche schaffen Beschäftigung und sind enorm wichtig für Frauenleben, da sie eng mit der unbezahlten Betreuungs- und Versorgungsarbeit zusammenhängen oder - wie Bildung - wichtige Ansatzpunkte zum Aufbrechen der Gendersegregation bilden.
Kinderbetreuung, Bildung, Pflege - auch bezahlt arbeiten hier viele Frauen. Und die Entlohnung dieser gesellschaftlich extrem wertvollen Tätigkeiten kann nicht auf dem oft viel zu niedrigen Niveau verharren, weil die wirtschaftlich Stärksten im Lande lieber doch nicht so gerne angemessen Steuern zahlen möchten. Wer das soziale Gefälle mit "Leistung" argumentiert, der muss sich den Hinweis gefallen lassen, dass gerade leistungslose Einkommen wie Kapitalerträge oder Erbschaften wenig bis nichts zur öffentlichen Finanzierung beitragen. Das ist weder sozial noch genderpolitisch gerecht und daher ausgesprochen diskussionswürdig. Man könnte mit der Frage beginnen, warum eine Kindergartenpädagogin von ihrem Gehalt mehr an Abgaben zahlt als ein Millionenerbe. Könnte sein, dass budgetäre Notwendigkeiten plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Sybille Pirklbauer ist Stv. Finanzreferentin der "Infem"-Forschungswerkstatt für feministische Interdisziplinarität (www.forschungswerkstatt.org).