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Sparstift macht Botschaften Garaus

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Politik

EU-Botschafter nicht für nationale Interessen zuständig. | EAD kostet zusätzliche 470 Millionen Euro. | Brüssel/Wien. In gut einer Woche wird der "Europäische Auswärtige Dienst" (EAD) seine Arbeit aufnehmen. Alle der mehr als 130 bisherigen Delegationen, die die EU weltweit unterhält, werden dann aufgewertet. Deren Leiter, der EU-Botschafter, spricht dann formell im Interesse der Union.


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Gleichzeitig unterhalten zahlreiche EU-Mitgliedstaaten weiterhin eigene Botschaften, was auf den ersten Blick nach teuren Doppelstrukturen aussieht. Schließlich kostet allein das österreichische "Filialnetz" des Außenministeriums in der Welt mit seinen 69 Botschaften und zehn Generalkonsulaten ungefähr 160 Millionen Euro pro Jahr. Für den EAD sind 2011 knapp 470 Millionen Euro veranschlagt.

Angesichts der Budgetkrise haben sich EU-Länder entschlossen, zahlreiche nationale Auslandsvertretungen zu schließen. Der EAD hilft den Finanzministern dabei nicht bei der Kostenreduktion: Nur weil es den EU-Auswärtigen Dienst gebe, könne unmittelbar kein einziger Posten eingespart werden, hieß es in Diplomatenkreisen. Der neue Dienst "war nie dazu gedacht, die Botschaften der Mitgliedstaaten zu ersetzen", so die Sprecherin von EU-Außenministerin Catherine Ashton. "Die Delegationen verrichten zusätzliche Aufgaben, koordinieren die Mitgliedstaaten und sprechen in bestimmten Angelegenheiten mit einer Stimme für die EU."

"Österreicher-Schutznationale Kompetenz"

Die österreichischen Vertretungen im Ausland werden aus mehreren Gründen weiterhin benötigt, wie es aus dem Außenministerium hieß: Erstens hat der EAD keine konsularischen Kompetenzen. Und die österreichischen Filialen hätten allein 2009 um die 130.000 konsularischen Unterstützungsleistungen erbracht sowie Österreichern in gut 6600 Fällen Rechtschutz in unterschiedlichsten Fällen wie Unterhalt, Pensionen oder Kindesentziehung geleistet. "Der Schutz der Österreicher ist und bleibt nationale Kompetenz", sagte ein Diplomat. Ebenso wenig könnten die EU-Delegationen österreichische Kultur- und - vielleicht noch wichtiger - Wirtschaftspolitik betreiben. Wenn etwa Strabag, OMV, Wienerberger oder Red Bull Geschäftschancen haben, setzt sich der heimische Botschafter dafür ein.

Der habe im Gegensatz zu Generalkonsuln oder den Handelsdelegierten mehr Kompetenzen und eher Zugang zu Ministern oder Kabinetten, hieß es. Daher sei derzeit in Österreich auch keine Herabstufung von bestehenden Botschaften zu Konsulaten geplant. Auch die Zusammenlegung mit den diplomatischen Vertretungen anderer EU-Staaten habe sich bisher kaum als Kostenvorteil erwiesen; eine solche Option müsse im Einzelfall genau durchgerechnet werden.

Sehr wohl aber muss Österreich wie einige andere europäische Länder Auslandvertretungen aus Spargründen schließen. So werden kommendes Jahr die Botschaften in Simbabwe und das Generalkonsulat Zürich geschlossen. 2012 folgen die Botschaft in Kolumbien und im Jahr darauf die Konsulate in Krakau und Chicago. Dabei befindet sich das Land in guter Gesellschaft: Erst diese Woche hat Schweden bekanntgegeben, Außenstellen in Argentinien, Belgien, Vietnam, Malaysia und Angola aufzugeben. Finnland sperrt die Botschaften in Venezuela und den Philippinen zu und die Tschechische Republik schließt ihre Pforten in Costa Rica, der Demokratischen Republik Kongo, Kenia, Venezuela und Jemen. Und Bulgarien kündigte gar die Schließung von 20 Prozent seiner rund 100 Botschaften an.

Das alles hat aber nichts mit dem Start des EAD, sondern nur mit dem Sparzwang zu tun. Schon das österreichische Außenministerium muss laut Minister Michael Spindelegger 2011 rund 30 Millionen Euro einsparen. Die Schließung von Botschaften und Konsulaten allein reicht dafür sicher nicht - als Ersparnis pro Schließung werden etwa 500.000 Euro pro Jahr geschätzt. Dabei gilt die Annahme, dass die Diplomaten nicht gefeuert, sondern anderweitig eingesetzt werden.

"Ob Mitgliedstaaten in einem Land eine Botschaft unterhalten, ist ausschließlich ihre Entscheidung", resümierte Ashtons Sprecherin. Sollten EU-Staaten in einem Land keine Vertretung unterhalten, so Ashton, könnten sie sich auf die EU-Delegationen als lokale Informationsquelle verlassen. EU-Bürger in Not würden pragmatisch unterstützt. Die Mitglieder könnten aber nicht erwarten, dass eine EU-Delegation die spezifischen Interessen eines Mitgliedstaates verteidigt, bekräftigte sie.