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Späte Aufarbeitung der Franco-Ära

Von Rainer Mayerhofer

Europaarchiv
Das Monument im Tal der Gefallenen war lange das Symbol der Franco-Diktatur.

Monument im Tal der Gefallenen soll eine völlig neue Aufgabe bekommen. | Noch immer liegen zehntausende Opfer in anonymen Massengräbern.


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Madrid. Das 150 Meter hohe Kreuz im Valle de los Caidos, dem Tal der Gefallenen, in der Nähe von El Escorial in der Sierra de Guadarrama wird bleiben, ebenso wie die Benediktinermönche, aber sonst soll sich alles ändern rund um das Symbol der Franco-Diktatur. Selbst die Exhumierung des Diktators, der seit seinem Tod am 20. November 1975 unter einer tonnenschweren Grabplatte in der Basilika bestattet liegt, wird überlegt.

Jahrelang hatten sich die Franco-Anhänger am 20.November ihr Stelldichein im Valle de los Caidos gegeben, um seiner und des neben ihm begrabenen Gründers der faschistischen Falange, Jose Antonio Primo de Rivera, zu gedenken, der auch an einem 20.November gestorben ist - hingerichtete von einem republikanischen Tribunal im Jahr 1936 in Alicante.

Seit dem am 31. Oktober 2007 vom spanischen Abgeordnetenhaus verabschiedeten „Gesetz des historischen Andenkens” sind politische Veranstaltungen im Tal der Gefallenen verboten, in jener Anlage, die Franco zwischen 1940 und 1959 vom mehr als 20.000 politischen Gefangenen errichten ließ. Die sterblichen Überreste von 30.000 bis 70.000 Opfern des Bürgerkriegs sind hier beigesetzt - zum größten Teil jene aus dem nationalen Lager, aber auch republikanische Soldaten wurden hierher überführt, meist ohne Wissen ihrer Angehörigen. Einige von diesen verlangten jüngst die Herausgabe der sterblichen Überreste, was angesichts der chaotischen Lage in den Grüften aber kaum möglich ist.

Noch viel Wunden offen

75 Jahre nach dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs nach dem gescheiterten Militärputsch vom 17. Juli 1936 sind in Spanien noch immer viele Wunden offen.

Die Regierung von Jose Luis Rodriguez Zapatero hat zwar mit dem Gesetz des historischen Andenkens die Schweigezeit beendet, aber vor allem in der Volkspartei und in reaktionären kirchlichen Kreisen ist das auf wenig Gegenliebe gestoßen.

Das Gesetz sieht unter anderem die Anerkennung der Opfer politischer, religiöser und ideologischer Gewalt auf beiden Seiten des Bürgerkrieges vor, Hilfe für die Opfer und ihre Nachkommen, öffentliche Hilfe bei der Suche, Identifizierung und eventuellen Exhumierung von Opfern der franquistischen Unterdrückung, die Entfernung von franquistischen Symbolen von öffentlichen Gebäuden und Plätzen - wobei kirchliche Gebäude explizit ausgenommen sind - sowie die Wiederverleihung der Staatsbürgerschaft an Exilierte und deren Nachkommen sowie an Überlebende der Internationalen Brigaden.

Für viele Betroffene ging dieses Gesetz nicht weit genug, das bürgerliche Lager wiederum warf der Regierung Zapatero vor, alte Wunden neu aufzureißen.

Wie sensibel die ganze Debatte ist, wurde nicht zuletzt aus den wütenden Angriffen deutlich, denen sich der Richter Baltasar Garzon ausgesetzt sah, als er die Öffnung von anonymen Massengräbern anordnete.

Opfer in Massengräbern

Zehntausende Anhänger des republikanischen Lagers liegen noch heute irgendwo in unbekannten Massengräbern verscharrt, der bekannteste unter ihnen wohl der Dichter Federico Garcia Lorca, den die Franco-Anhänger am 19. August 1936 in Viznar bei Granada mit mindestens drei weiteren Männern erschossen und in einem Massengrab verschwinden ließen, das trotz intensiver Suche in den letzten Jahren bis heute nicht gefunden werden konnte.

Und wie wenig Einfühlungsvermögen auch in manchen kirchlichen Kreisen vorhanden ist, zeigt nicht zuletzt der Umstand, dass in Sevilla alljährlich in der Karwoche die Statue der Jungfrau von Macarena mit einer Schärpe des hetzerischen Franco-Generals Queipo de Llano durch die Straßen getragen wird.

Rund 500.000 Opfer forderte der Spanische Bürgerkrieg, 200.000 von ihnen wurden abseits der Fronten ermordet, der größte Teil von den aufständischen Franco-Anhängern. Und das Morden hörte mit dem Ende des Bürgerkrieges am 1. April 1939 nicht auf. Mehr als 20.000 Todesurteile gegen politische Gegner wurden bis in die Fünfzigerjahre hinein vollstreckt, Hunderttausende waren Repressionsmaßnahmen ausgesetzt und Hunderttausende mussten nach dem Sieg der nationalen Truppen ihre Heimat verlassen.