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Späte Rache: Rudd stürzt seine Parteirivalin Gillard

Von Ines Scholz

Politik

Neue Labour-Regierung in Australien kurz vor Parlamentswahlen.


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Canberra. "Wer glaubt, der Labor-Führer zu sein, soll vortreten", hatte Australiens Regierungschefin Julia Gillard noch vor zwei Tagen ihren parteiinternen Kritikern selbstsicher zugerufen. Ihr Hauptrivale Kevin Rudd nahm die Herausforderung zur Kampfabstimmung an - und gewann. 57 in der Fraktion stimmten am Mittwoch für ihn, nur 45 für Gillard. Damit endet - zumindest vorerst - die politische Karriere der 51-Jährigen. Schon heute, Donnerstag, will sie den Parteivorsitz und damit verbunden das Premiersamt zurücklegen und ihr Abgeordnetenmandat gleich dazu.

Für Ex-Premier Rudd ist Gillards Niederlage eine lang ersehnten Genugtuung, nachdem ihn seine damalige Vize vor drei Jahren ebenfalls per Kampfabstimmung entmachtet hatte. Seither überstand Gillard zwei Vertrauensvoten des Rudd-Flügels, das letzte erst vor drei Monaten.

Doch mit den näherrückenden Parlamentswahlen und den sinkenden Labor-Umfragewerten stieg die Nervosität - und der Unmut mit der Premierministerin. Laut den jüngsten Umfragen, die in der "Sydney Morning Post" veröffentlicht wurden, rangiert Labor derzeit bei lediglich 43 Prozent, das rechte, das von den Liberalen angeführte Oppositionslager kommt dagegen auf 57 Prozent Zustimmung. Und das, obwohl Liberalenführer Tony Abott nicht nur als uncharismatisch gilt, sondern wegen seiner ultra-konservativen Politk bei den Australiern auch alles andere als beliebt ist.

Dass er dennoch am 14. September beste Chancen hat, die Wahl zu gewinnen, erklärt, warum unter den Labor-Abgeordneten der Ruf nach einer Rückkehr Rudds immer lauter wurde. Immerhin hatte dieser der sozialdemokratischen Labor Party 2007 zu einem Erdrutschsieg verholfen und die konservative Liberal Party, die damals noch unter der Führung John Howards stand, erstmals nach neun Jahren wieder in die Opposition geschickt.

Drei Jahre später gelang Gillard, kurz nachdem sie Rudd aus dem Amt gedrängt hatte, nur ein äußerst knapper Wahlsieg, regieren konnte sie in der Folge nur mit Unterstützung der Grünen und Unabhängiger. Ihre Popularität ist seither stetig gesunken - trotz guter Wirtschaftsdaten. 2012 legte das Bruttoinlandsprodukt um 3,1 Prozent zu.

Das Wachstum war damit fast doppelt so stark wie in den USA. Grund sind die hohen Exporte nach China, das unter anderem an den reichen Rohstoffvorkommen Australiens interessiert ist. Das vergleichsweise langsame Wachstum der Volksrepublik und die schlappe Weltkonjunktur gehen aber auch an Australien nicht spurlos vorbei. Die Zentralbank senkte ihren Leitzins auf das Rekordtief von 3 Prozent, um Investitionen und Konsum anzukurbeln.