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Grasser kritisiert Kontrollbehörde. | RH: "Bundesbudget hat Schwächen." | Wien. Bevor Finanzminister Karl-Heinz Grasser seine Flitterwochen antrat, wollte er noch etwas klarstellen: "Ich habe mich einfach über den Rechnungshofbericht geärgert", erklärte er Montag Vormittag vor Journalisten. "Da muss wohl irgendwo ein redaktioneller Fehler sein: Das Defizit hat 1993 bis 1999 im Durchschnitt 3,5 Prozent betragen - 2000 bis 2006 waren es 1,1 Prozent", meinte Grasser.
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Der Rechnungshof und Grasser sprechen allerdings von unterschiedlichen Budgets: In dem Anfang Oktober veröffentlichten Bericht heißt es, das **Bundesbudgetdefizit habe "längerfristig betrachtet, nach dem guten Ergebnis des Jahres 2001 nunmehr wieder das Niveau der späten Neunzigerjahre" erreicht. Von einem "redaktionellen Fehler" könne keine Rede sein, konterte der Rechnungshof (RH): "Das Bundesbudget hat Schwächen, jenes des Gesamtstaates - Bund, Länder und Gemeinden - schaut natürlich anders aus", erklärte Karl-Hugo Mlacnik, Leiter der zuständigen Abteilung im Rechnungshof, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Während für den Rechnungsabschluss des Bundes der RH zuständig ist, erstellt jenen für den Gesamtstaat nach Maastricht die Statistik Austria in Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium. Ein Vergleich mit dem gesamtstaatlichen Defizit - das unter der ÖVP-FPÖ-Regierung geringer als in den vergangenen Jahren war - ändere nichts am Primärsaldo des Bundes. Der Primärsaldo bezeichnet die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ohne der Ausgaben für den Zinsendienst.
Von 16. August bis 5. September habe sich der Bericht im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens zum Rechnungsabschluss im Finanzministerium befunden. "Der Bericht wurde mit einer Anmerkung zu einem anderen Bereich retourniert", hieß es vom RH.
1,9 Prozent Defizit,
56,8 Mrd. Euro Steuern
Für das laufende Jahr prognostiziert das Finanzministerium ein Budgetdefizit von 1,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, für das kommende Jahr werden 1,7 Prozent angenommen.
Grasser rechnet damit, dass der Bund Mehreinnahmen von 200 Mio. Euro netto verbuchen wird: Die Steuereinnahmen sollen nach der jüngsten Prognose heuer 56,8 Mrd. Euro ausmachen. Vor einem Jahr war das Finanzministerium von 56,3 Mrd. Euro ausgegangen, im Sommer von 56,5 Mrd. Euro.
Die Körperschaftssteuer werde um 500 Mio. Euro über dem angenommenen Wert liegen (4,1 statt 3,6 Mrd. Euro), bei der Umsatzsteuer erwartet Grasser 19,5 anstelle der geplanten 19,1 Mrd. Euro.
Weniger gut werde es bei den Einnahmen aus der Mineralölsteuer aussehen, meinte Grasser: "Auch wenn viele sagen, dass uns die Mineralölsteuer wegen der gestiegenen Ölpreise explodiert: Wir rechnen nicht damit, dass wir die Planungswerte erreichen." Offenbar würde weniger mit dem Auto gefahren, und da die Mineralölsteuer eine Mengensteuer ist - und nicht vom jeweiligen Spritpreis abhängig -, wirke sich das negativ auf die Einnahmen aus.
Aber auch andere Ausgaben "sind nicht ganz am Punkt", sagte Grasser. Dazu zählen gestiegene Personalausgaben etwa an den Universitäten und Ausgaben für Forschung wie die am 1. Mai veranschlagte "Forschungsmilliarde" sowie für die Hochwasserkatastrophe im Sommer. Laut Grasser sollte es damit aber keine Probleme geben: "Die 1,9 Prozent Defizit 2005 werden halten".
Auch auf einem anderen Gebiet wird es keine Probleme geben, denn der Finanzminister hielt sich zu seinen kommenden Flitterwochen bedeckt: "Meine Frau weiß auch nicht, wohin die Reise geht und ich würde erste eheliche Probleme riskieren, wenn sie die Überraschung aus den Medien erfährt."