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Spätes Echo des Wiener Wahlkampfs: Bundesheer sucht seine neue Form

Von Walter Hämmerle

Analysen

Eine Volksbefragung zur Wehrpflicht: Mit dieser vermeintlich genialen Idee, die so ganz nebenbei die traditionelle Linie der SPÖ über Bord warf, dafür aber der Linie der "Kronen Zeitung" entsprach, wollte Michael Häupl wenige Tage vor der Wien-Wahl eigentlich seine absolute Mehrheit retten.


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Der Plan ging bekanntlich nach auf, die Suppe muss nun Verteidigungsminister Norbert Darabos auslöffeln. Der machte, obwohl eigentlich ein bekennender Anhänger der bestehenden Wehrpflicht samt Milizsystem, notgedrungen gute Miene zum Wiener Wahlkampf.

Kommenden Mittwoch lädt das Verteidigungsministerium zu einer Enquete zum Thema Europäische Wehrsysteme im Vergleich. Vertreter aus Belgien, der Schweiz, Deutschland, Dänemark, Finnland, Ungarn, der Slowakei, Slowenien und Schweden werden ihre Erfahrungen mit den diversen Wehrsystemen präsentieren. Diese reichen vom Berufsheer bis zur reinen Freiwilligenarmee samt zahlreichen Mischvarianten. Darabos ist dabei zwar Eröffnungsredner, wird sich ansonsten aber weitgehend bedeckt halten.

Bis Jahresende will dann der Verteidigungsminister seine eigene Auswahl von Modellen samt konkreten finanziellen Konsequenzen ausarbeiten, die schließlich zu Beginn des neuen Jahres präsentiert werden sollen. Was dann passiert, ist entgegen anderslautender Medienberichte alles andere als fix. Immerhin ist die Entscheidung, ob eine Volksbefragung kommt, am Ende Sache einer Mehrheit des Nationalrats.

Zwar will offen niemand eine Volksabstimmung zum heiklen Thema Wehrpflicht ausschließen, enthusiasmierte Anhänger einer solchen finden sich außerhalb des Wiener Rathauses und der Muthgasse (Sitz der "Kronen Zeitung") allerdings auch wenige. Von Bundespräsident Heinz Fischer, immerhin formal der Oberbefehlshaber des Bundesheeres und ebenfalls ein Befürworter der Wehrpflicht, wird in dieser Sache sogar gemunkelt, er habe über den innerhalb der SPÖ nicht abgesprochenen Vorstoß Häupls getobt.

Gut möglich also, dass die - sparbedingt massiv kleinere - künftige Gestalt des Bundesheeres klassisch auf dem Verhandlungsweg zwischen den Parteien ermittelt wird. Dies hätte den Vorteil, dass auch die Debatte um eine neue Sicherheitsstrategie, die hinter den Kulissen seit Monaten läuft, mitberücksichtigt werden könnte. Immerhin stünde dann nämlich fest, welche Aufgaben das Bundesheer nach dem Willen der Politik künftig im Inneren wie im Äußeren zu erfüllen hat. Auch keine ganz unwesentliche Vorgabe.