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Berlin - Die deutschen Sozialdemokraten können hoffen. Nach der schweren Pleite im Februar bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen scheint am 25. Mai in Bremen ein Wahlerfolg möglich. Doch das kleinste deutsche Bundesland bleibt ein Sonderfall. Seit acht Jahren regieren SPD und Christdemokraten den Zwei-Städte-Staat Bremen-Bremerhaven gemeinsam - und das wollen sie fortsetzen. Bei den Sozialdemokraten ist die Begeisterung über diese große Koalition begrenzt, doch SPD-Regierungschef Henning Scherf fühlt sich dabei sehr wohl. Mit den Grünen mag er nicht amtieren.
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So können Scherf und sein CDU-Juniorpartner, Finanzsenator Hartmut Perschau, nur hoffen, dass sich der bundesweite Negativtrend der SPD in Bremen allenfalls begrenzt auswirkt. Denn bei einem CDU-Wahlsieg wäre die SPD wohl kaum bereit, das Bündnis fortzusetzen. Völlig ausgeschlossen ist nicht, dass die CDU diesmal die Spitze erobert, nachdem sie 1999 noch hinter der SPD lag. Damals errang die SPD 42,6 Prozent, die CDU 37,1 Prozent. Derzeit liegt die SPD in fast allen Wahlumfragen vorn.
Scherf sieht in der großen Koalition einen "Segen für Bremen" und "die richtige Antwort" auf die Probleme. Perschau und er sind sich einig: Noch ist die notwendige Sanierung der Finanzen nicht erledigt. Neben der hohen Arbeitslosigkeit von derzeit 13,5 Prozent stöhnt Bremen unter einer Schuldenlast von mehr als 9,4 Milliarden Euro.
Offiziell geht die SPD ohne Koalitionsaussage in die Wahl. Scherf ist sich aber sicher, dass seine Partei die politische Vorliebe ihres Spitzenkandidaten kennt und respektiert. Die SPD wiederum weiß, was sie an Scherf hat: Er ist Bremens beliebtester Politiker. Auch für SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Regierung ist Scherf wichtig, denn als Vorsitzender des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und Bundesrat wird er in den nächsten Monaten gefragt sein. Da wird in Berlin gerne akzeptiert, dass sich Scherf schon fast demonstrativ von Schröder und der Bundes-SPD absetzt. Der Kanzler und SPD-Vorsitzende war in Bremen und Bremerhaven zwar zu Betriebsbesichtigungen und im Hafen willkommen, doch eine große Wahlkampfkundgebung mit dem Bundeskanzler wurde erst gar nicht geplant. Schröder und seine Regierung hätten in Berlin genug zu tun und sollten sich auf diese Arbeit konzentrieren, hatte Scherf schon in der Anfangsphase des Wahlkampfs erklärt.
Die Bremer CDU dagegen absolvierte bereits eine Veranstaltung mit ihrem Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl, der selbst auf dem Höhepunkt seiner Spendenaffäre in Bremen willkommen war. Die schwarz-rote Partnerschaft in der Hansestadt trübt dies aber nicht.
Die Bremer Grünen würden gerne mit der SPD regieren, wenn sie nur dürften. Nach den Umfragen können sie zwar mit Stimmengewinnen rechnen, sie wissen aber auch, dass sie nur im Falle einer Ablösung Scherfs eine Chance auf Teilhabe an der Macht haben.
Die FDP macht sich mit optimistischen Vorhersagen Mut und setzt nach acht Jahren auf eine Rückkehr ins Regionalparlament, das in Bremen Bürgerschaft heißt. Doch die meisten Wahlforscher sehen die FDP trotz Zugewinnen nach wie vor unter der Fünf-Prozent-Hürde.
Für die rechtsextreme Deutsche Volks-Union ist Bremen die vorletzte Parlamentspräsenz auf Länderebene neben Brandenburg. Ob die DVU auch künftig in der Bremer Bürgerschaft sitzt, entscheidet sich in Bremerhaven. Nur dort hatte die Partei 1999 die Fünf-Prozent-Hürde geschafft. Wegen der Besonderheit des Bremer Wahlgesetzes reichte allein dies für einen Sitz in der Bürgerschaft.